Interview mit der Krimi-Autorin Ingrid Schmitz

Ingrid Schmitz

Ich freue mich heute Ingrid Schmitz zum Interview in der ABS-Lese-Ecke begrüßen zu können. Ingrid Schmitz ist Krimiautorin und hat schon mehrere Krimis, zahlreiche Krimikurzgeschichten und eine Biografie veröffentlicht. Ihr neuestes Werk heißt „Liebeskiller“.

Guten Tag, Ingrid Schmitz.
Guten Tag, Ann-Bettina Schmitz 😉 Weder verwandt, noch verschwägert.

Dein neuester Krimi „Liebeskiller“ handelt von sogenannten Romance Scammern. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Das sind Männer, die sich im Internet – in sozialen Netzwerken und/oder auf Partnerschaftsseiten – herumtreiben. Sie schreiben Frauen über die „Private Nachricht“-Funktion an und machen ihnen Komplimente, versuchen außerhalb dieser Seiten mit ihnen in Kontakt zu treten.
Gelingt es, hören sie ihrem Opfer aufmerksam zu. Die Scammer haben die gleichen Interessen und Vorlieben. mögen wie ihr Gegenüber Hunde oder Katzen, je nachdem. Sie lachen und weinen mit ihrem „Sonnenschein“, schwören recht bald die ewige Liebe. Solange, bis sie die Angebetete emotional abhängig gemacht haben. Danach geht es den Männern nur noch darum, die Frau finanziell auszunehmen. Dabei lassen Sie sich ungeheuerliche Geschichten einfallen, die stark auf die Tränendrüsen drücken und an die Moral appellieren: Der alte Vater muss plötzlich im Ausland operiert werden – das Kind ist gestorben, nun fehlt das Geld für die Beerdigung – oder man hat den Scammer auf dem Flughafen bestohlen, als er gerade auf dem Weg zu ihr war … u.s.w.
Hat der Scammer vorgegeben, ein reicher Mann zu sein, möchte sie ihm bitte kurz aus einem finanziellen Engpass helfen, weil er zurzeit nicht an sein Festgeld kommt, oder hat ein Paket mit wertvollem Schmuck an sie geschickt, für das sein Schatz mal eben die Zollgebühren übernehmen soll. Natürlich bekommt sie es sofort wieder. Natürlich.

Frauen (aber auch Männer mit Frauen-Scammern) aller Altersklassen sind dafür empfänglich. Sind sie erst einmal vor Liebe blind, wollen sie alles glauben und es nicht wahrhaben, dass sie betrogen worden sind und es weiterhin werden, weil ihr/ihre Partner/in ganz anders ist.

Wie bist du auf die Idee gekommen, darüber einen Krimi zu schreiben?
Nachdem ich über facebook die zwanzigste Mail bekommen hatte, in der mir versichert wurde, dass Mann sich in mich verliebt habe, wurde ich stutzig. Einer wollte mich sogar heiraten, ein anderer mich besuchen kommen. Da gingen bei mir alle Alarmglocken an. Ich recherchierte, und es tat sich der vielzitierte Abgrund auf.

Hast du eigene Erfahrungen mit Dating-Plattformen?
Nein, habe ich nicht. Aber wäre ich auf der Suche nach einem Mann, würde ich mich mit Sicherheit dort einmal umschauen. Das was ich in meinem Roman darüber geschrieben habe, verdanke ich meiner Freundin, die zu dem Zeitpunkt auf einer Partnerschaftsseite angemeldet war.

Hast du einen Tipp für Leserinnen, wie sie einen Romance Scammer erkennen können? Ist das die moderne Version des Heiratsschwindlers?
Ja, früher nannte man sie Heiratsschwindler. Nur, dass die Masche der Scammer wesentlich perfider ist und sie sich modernster Technik bedienen. Außerdem haben sich manche zu fast mafiösen Organisationen zusammengeschlossen, die skrupellos sind und im wahrsten Sinne über Leichen gehen. Es sind Suizide hochverschuldeter und verzweifelter Frauen bekannt. Zudem ist es ein weltweites Problem.
Im Anhang von LIEBESKILLER finden sich praktische Tipps und weiterführende Links dazu. Kurz und knapp kann ich dazu sagen: Sobald nach Geld oder Wertgegenständen (Uhr, Laptop etc.) gefragt wird, schnellstens den Kontakt abbrechen und niemals Geld überweisen.

Auch dein vorhergehender Krimi „2 Leben – 1 Tod“ hat einen starken Bezug zum Internet. Kannst du uns kurz erzählen, um was es in diesem Krimi geht.
Es geht um die virtuelle Welt des Second Life. Auf einer 3D Internet-Plattform in Amerika kann man sich kostenlos registrieren und erhält einen weiblichen oder männlichen Avatar, ein Püppchen, mit dem man sich in einer Art Parallelwelt bewegt. Aufgaben und Levels gibt es nicht. Der Bewohner muss sich selbst beschäftigen. Dafür bekommt er eine Menge zur Verfügung gestellt. Viele haben das virtuelle Land bebaut und ganze Städte nachgebildet (München, Berlin, Hamburg, Köln etc. sind mit ihren Wahrzeichen bereits vorhanden). Die Spielfigur kann selbst gestaltet und modisch gekleidet werden. Sie wird mit den Richtungstasten gesteuert, kann dank einiger Menüs auf verschiedenste Art und Weise agieren, ja sogar fliegen oder sich mittels konstruierten Fahrzeugen fortbewegen. Die Kommunikation mit den anderen Bewohnern erfolgt über Chat oder Voice-Chat. Reduziert betrachtet ist es ein 3D-Chat mit sehr vielen Möglichkeiten. 3.0 Internet.

„2 Leben – 1 Tod“ ist ein interaktiver Krimi. Worin besteht die Interaktivität?
Wenn man mit dem PC oder Laptop im Second Life angemeldet ist und das Ebook liest, kann man auf die darin enthaltenen Links klicken und wird mit seinem Avatar direkt zum jeweiligen Ort teleportiert. Das heißt, man kann sich den Tatort mit Avatarenleiche anschauen, oder andere beschriebene Orte besichtigen. Außerdem sind Treffen mit einigen Protagonisten aus der Geschichte möglich und meine Serienfigur Mia Magaloff ist durch Second Life (R) gegenständlich geworden. Sie empfängt Besucher in ihrem Krimi-Café im virtuellen München.

Haben viele Leser die Interaktionsmöglichkeiten genutzt? Oder ist das doch zu fremd und ungewöhnlich?
Einige haben es genutzt, aber nicht so viele wie erwartet. Es ist in der Tat zu ungewöhnlich. Dennoch erfreuen sich meine Krimilesungen im Second Life immer größerer Beliebtheit. Ich sitze Zuhause am heimischen PC und lese über Headset aus meinem Buch, während mein Publikum, die Avatare im besagten Krimi-Café sitzen und zuhören. Wer sich nicht ins Second Life wagen will, kann die Lesung über einen Live-Stream im Internet hören. Die Termine werden rechtzeitig auf meiner Website bekanntgegeben.

Die beiden ersten Krimis mit deiner Serienheldin Mia Magaloff waren eher Regionalkrimis. Wie bist du auf die Idee gekommen ausgerechnet eine Künstlerin und Trödelmarkthändlerin zu deiner Protagonistin zu machen?
Ich wollte nicht die x-te Kommissarin, Gerichtsmedizinerin oder Journalistin ins Rennen schicken. Aber dennoch sollte das Umfeld der Serienheldin interessant genug sein. Da ich gerne auf Trödelmärkte gehe und selbst getrödelt habe, kenne ich mich in der Szene aus, die stets meine Phantasie ankurbelt: Multikulturelle Händler feilschen mit Gegenständen, an denen Blut geklebt hat oder deren Herkunft ungewiss ist. Käufer lechzen nach dem Objekt ihrer Begierde, weil es niemand anders haben darf. Ankäufer werden auf einsame Höfe gelockt … und Mia Magaloff mittendrin. Weil sie einen Brotberuf brauchte gab ich ihr etwas Kreatives und Künstlerisches.

Neben der Krimireihe um Mia Magaloff und zahlreichen Krimikurzgeschichten hast du auch eine Biografie „Currywurst und Dolce Vita“ geschrieben. Das ist ja nun etwas ganz anderes. Wie ist es dazu gekommen?
Stimmt. Eigentlich habe ich mich völlig dem Krimi verschrieben, aber dann musste ich doch eine Ausnahme machen, als mich die beiden Auswanderer Anke und Dirk Leithäuser – besser bekannt als Didi und Hasi von VOX Goodbye Deutschland – fragten, ob ich ihre Auswanderergeschichte aufschreiben könnte. Ich lernte sie beim Chatten im Schreinemakers-Forum kennen. Sie schrieben mir Tage später eine Mail: „Wir haben da eine Idee. Bitte ruf uns mal an.“
Wir trafen uns Wochen später bei mir. Nachdem wir uns sympathisch fanden, fragten sie mich, ob ich Lust hätte, ihre Biografie zu schreiben. Da ihr Leben so spannend wie ein Krimi ist, sagte ich schließlich zu.

Deine Kurzgeschichten werden in Anthologien bei verschiedenen Verlagen, deine neueste Krimikurzgeschichten-Reihe „Mörderische liebe Grüße“ bei Droemer Knaur und die Mia Magaloff-Reihe bei verschiedenen Verlagen veröffentlicht. Andere Autoren haben Probleme nur einen Verlag zu finden. Was machst du anders?
Seit 2000 bin ich hauptberufliche Autorin und Mitglied in wichtigen Autorenvereinigungen. Dadurch habe ich sehr viele Kontakte zu Autoren, Lektoren und Verlegern. Das ist auch der Grund, warum ich mich hin und wieder als Agentin betätige und gute Manuskripte weitervermittle. Aktuell sind es Reisebuchmanuskripte, die ich suche.

Auf deiner Homepage habe ich gelesen, dass du dich im Jahr 2012, zusammen mit anderen Autor/innen, an einer Krimianthologie „Mondäne Morde“ zugunsten der Villa von Erich Maria Remarque beteiligt hast. War die Aktion erfolgreich?
Die Aktion lief sehr gut an. Die Premierenlesung im Remarque Hotel/Steigenberger in Osnabrück war großartig, auch die Presseaufmerksamkeit – aber danach habe ich nie wieder etwas gehört, alles verlief im Sande. Was aus der Villa geworden ist habe ich nicht herausbekommen, da der Kontakt zu den Verantwortlichen abgebrochen ist.

Arbeitest du schon an einem neuen Krimi? Wird der wieder etwas mit dem Internet zu tun haben?
Nein, diesmal nicht. Es wird ein Thriller. Er handelt von einer Biografin. Mehr verrate ich nicht.

Vielen Dank für das Interview, Ingrid Schmitz. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern.
Vielen Dank.

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