Rezension: „Das geliehene Kind“ von Kishwar Desai

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Titel: Das geliehene Kind
Autorin: Kishwar Desai
Übersetzer: Leon Mengden
Kriminalroman, TB, btb-Verlag, auch als eBook erhältlich

Die Autorin: Kishwar Desai wuchs in Indien auf. Dort arbeitet sie als TV-Journalistin. Seit acht Jahren lebt sie mit ihrem Mann in London und hat sich auf das Schreiben konzentriert. »Das geliehene Kind« ist ihr zweiter Roman. Für ihren ersten Roman »Die Überlebenden« wurde sie mit dem »Costa First Novel Award« ausgezeichnet.

Das Buch: In Delhi bringt eine Leihmutter das, von ihren europäischen Eltern sehnsüchtig erwartete, Kind auf die Welt. Leider stellt sich nach der Geburt heraus, dass das Kind mit HIV infiziert ist. Die Eltern des Kindes waren zur Geburt nach Delhi gereist. Bei einem Ausflug kommen sie ums Leben. Die Sozialarbeiterin Simran Singh soll die Hintergründe klären und eventuelle Verwandte des Kindes aufspüren. Bei ihren Nachforschungen findet sie sich schnell in einem Netz undurchsichtiger Machenschaften gefangen. Die Baby-Industrie, die mit dem verzweifelten Kinder-Wunsch von Paaren gute Geschäfte macht und dabei auch über Leichen geht, will sich nicht stören lassen.

Kishwar Desai greift in diesem Roman ein sehr aktuelles und heikles Thema auf. Dabei entführt sie den Leser in eine fremde Welt. Sehr eindrucksvoll schildert sie die indische Gesellschaft und die Umstände, die indische Frauen dazu bringen, sich als Leihmütter zur Verfügung zu stellen. Sie zeigt, wie der Babywunsch europäischer Paar in Indien zu einem sehr profitablen Geschäftszweig geworden ist, in dem es nicht immer korrekt und menschenwürdig zugeht.

Die Protagonistin, Simran Singh, ist eine sehr eigenwillige und sicher nicht nur für indische Verhältnisse, ungewöhnliche Frau. Sie ist ausgesprochen gut geschildert. Die lebhafte Schilderung der Umstände und Personen ist überhaupt ein großer Pluspunkt dieses Romans. Dabei rückt zwar die eigentliche Krimihandlung etwas in den Hintergrund, das schmälert aber das Lesevergnügen keineswegs. Die beschriebenen Vorgänge und Lebenssituationen sorgen an sich schon für genügend Spannung.

Ausgesprochen störend fand ich allerdings, den dauernden Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen. Das reißt einen ständig aus dem Lesefluss. In diesem Roman erscheinen zahlreiche Personen. Im Zusammenhang mit dem ständigen Wechsel der Handlungszeiten verliert man da schnell die Übersicht. Das ist schade und vollkommen unnötig. Die Handlung ist so fesselnd und spannend, dass sie nicht nur auf Kunstgriffe verzichten kann, sondern eine chronologische Darstellung der Ereignisse den Lesespaß eindeutig erhöhen würde.

Diesen Kriminalroman kann ich allen Lesern empfehlen, die weniger auf die typische Krimihandlung mit vielen Toten und schlauen Ermittlern setzten, sondern eine komplexe Handlung vorziehen und sich für soziale Themen interessieren. Das Buch ist zwar etwas anstrengend zu lesen, aber es lohnt sich.

Dieses Buch wurde mir für die Rezension freundlicherweise vom btb-Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.