Interview mit der Autorin des Krimis „Anders- Hannover-Krimi“

Anders Hannover Krimi

Heute habe ich wieder eine Krimiautorin zum Interview zu Gast. Ina Kloppmann schreibt Regional-Krimis.

Guten Tag Ina Kloppmann.
Hallo Anna-Bettina Schmitz, vielen Dank für die Einladung.

Du hast gerade letzten Monat deinen zweiten Krimi »Anders – Hannover-Krimi« herausgebracht. Um was geht es da?

Die beiden Obdachlosen Icke und Hotte wurden Opfer einer zufälligen Begegnung mit ein paar Jugendlichen, die zu dem Zeitpunkt der Tat unter Drogeneinfluss standen. Eigentlich wollten sie Icke und Hotte anfangs „nur ein bisschen aufmischen“, aber die Stimmung wurde durch den achtzehnjährigen Lukas so aufgeheizt, bis es schließlich eskalierte. Er war offensichtlich der Treibende und die jüngeren Freunde machten nur mit, weil er es so wollte und sie nicht als Loser dastehen wollten.
Eigentlich war Lukas derjenige, der sein eigenes Leben nicht in den Griff bekam. Den Hass auf alles und jeden ließ er in einer unglaublichen Brutalität an den beiden hilflosen Männern aus. Für den Rest der Clique war es zu spät, um sich von ihm zu distanzieren. Sie hatten jetzt Angst vor Lukas, obwohl die Wirkung der Drogen dieses relativierte. Sie taten das, was Lukas ihnen befahl, um nicht selbst Opfer von dessen Amoklauf zu werden. Sie waren alle Opfer ihres mangelnden Selbstvertrauens und ihrer Selbstüberschätzung geworden. Aus Frust und Langeweile hatten sie einen unschuldigen Menschen einfach so getötet und einen anderen fast umgebracht. An nur einem Tag wurden das Leben zweier unschuldiger Menschen und ihre eigene Zukunft zerstört.
Der Sozialpädagoge Oliver Hoffmann betreut außerhalb seiner Praxis ehrenamtlich Menschen, die am Abgrund unserer Gesellschaft leben. Als ihn Hauptkommissar Werner, dem dieser Fall übertragen wurde, darum bittet, sich um Icke zu kümmern, sagt Oliver Hoffmann spontan zu. Er ahnt nicht, wie weit er dadurch in den Fall verstrickt wird.
In der Pubertät fing Oliver an, sich mit Mädchen zu verabreden, dass er sich mehr für die Jungs interessierte, versuchte er lange Zeit zu verdrängen. Mit achtzehn vertraute er sich schließlich seiner Schulfreundin Lea an. Sie bestärkte ihn darin, sich endlich zu outen. Nach außen hin wirkte Oliver manchmal ein bisschen oberflächlich und oft total überspannt. Lea wusste aber, dass er sich im Laufe der Jahre eine Art Panzer hatte zulegen müssen, um den Anfeindungen derer, die seine Homosexualität nicht akzeptieren wollten, zu ertragen. Der scheinbar immer fröhliche Mann hatte eine sehr sensible Seite, die er nur wenigen Menschen zeigte. Bei Lea konnte er sich aber fallen lassen, so wie sie sich bei ihm.
Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus lebte Icke zunächst in einer betreuten Wohngemeinschaft gemeinsam mit anderen Obdachlosen. Nach einer weiteren Konfrontation mit ein paar anderen Jugendlichen, die aber glimpflich ausgegangen war, zog Icke zu Oliver Hoffmann. Aus der anfänglichen Zweckgemeinschaft entwickelt sich bald eine herzliche Freundschaft zwischen den beiden ungleichen Männern, die, aufgrund ihrer Lebensweise, immer wieder auf Vorurteile in der Gesellschaft stießen.

Es macht mir sehr viel Spaß, meine Fantasien zu Papier zu bringen und mich in die Charaktere der Protagonisten hineinzuversetzen.

Lea, die Mutter von Saskia, die der Leser erst in „Anders Hannover Krimi“ kennen lernt, ist wie ich, eine selbstbewusste und lebenslustige Frau. Allerdings ist sie im Gegensatz zu mir Single. Genau wie Lea, habe ich einen schwulen Schulfreund. In den siebziger Jahren war die Homosexualität noch ein Tabuthema. Inzwischen wird diese andere Lebensform zwar von den meisten Leuten toleriert, aber leider nicht immer als Normalität angesehen.

Beruflich und privat hatte und habe ich mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Einer von ihnen entspricht in etwa der Persönlichkeit Ickes. Es handelt sich dabei um einen Mann, der immer wieder versucht hatte, sein Leben in den Griff zu bekommen, aber dann irgendwann in die Obdachlosigkeit abrutschte. Die Geschichte über Icke ist allerdings reine Fantasie. Icke spricht übrigens im Berliner Dialekt.
In „Anders Hannover Krimi“ erwähne ich auch kurz einen Obdachlosen, der unermüdlich den Müll, den manche Leute achtlos auf die Straße werfen, einsammelt und in Abfalleimern oder Papiercontainern entsorgt. Er ist ein bisschen verschroben, aber nicht dumm und immer sehr freundlich. Es handelt sich bei ihm um eine reale Person.
In Hannover gibt es, wie in jeder größeren Stadt, ein Straßenmagazin („Asphalt“), das von noch oder ehemaligen Obdachlosen auf der Straße verkauft wird. Einige von ihnen treffe ich immer wieder an ihren festen Standorten an und habe schon das eine oder andere interessante Gespräch mit ihnen geführt. Diese Kontakte veranlassten mich dazu, diese Menschen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, weil auch sie tagtäglich mit Vorurteilen zu kämpfen haben.

Warum ausgerechnet Hannover?

Ich bin Hannoveranerin und liebe meine Heimatstadt 🙂

Dein erster Krimi war »Bereue – Hannover-Krimi«. Was verbindet die beiden Krimis? Nur der Tatort?

Ich schreibe keine Thriller, bei denen das Blut aus den Seiten fließt, sondern Kriminalromane. Die Hauptakteure sind nicht die Kommissare, wie in den meisten Krimis/Thriller, sondern eigentlich ganz normale Menschen, die aus dargestellten Gründen zu Verbrechern werden.
Beide Krimis sind in sich abgeschlossene Geschichten. Die Handlung in „Anders Hannover Krimi spielt sich zwei Jahre später ab. In meinem ersten Regionalkrimi „Bereue Hannover Krimi“ werden die Immobilienmaklerinnen Judy und Saskia, aufgrund ihrer Tätigkeit, in ein Verbrechen verwickelt. In meinem zweiten Krimi „spielen“ sie eher eine Nebenrolle. Hauptkommissar Werner und Kommissar Lussano sind für beide Verbrechen zuständig.

Du hast ja schon früher geschrieben. Aber nie etwas veröffentlicht. Woher kommt der Sinneswandel?

Nach dem Tod meiner Eltern habe ich meine Biographie, die über siebenhundert Seiten umfasst, für mich privat geschrieben, um meine Trauer darin zu verarbeiten. Meine Lebensgeschichte und ein Krimi aus meiner Region brachten mich später auf die Idee, einen Kriminalroman zu schreiben, in dem ich einen Teil meiner persönlichen Erlebnisse mit einfließen ließ.
Ich bin eine absolute Leseratte, habe jedes Buch von Konsalik, Simmel, Joy Fielding und vielen anderen Autoren gelesen. In den letzten Jahren die Bücher von Adler Olsen, Stieg Larsson, Don Winslow, Chris Carter usw. Irgendwann bekam ich einen Hannover-Krimi geschenkt und fand es interessant, dass sich die Handlung an den mir bekannten Orten abspielte. Ich hatte das Gefühl, ein Teil der Story zu sein. In meinem Kopf entstand eine Geschichte und ich fing an, mir Notizen zu machen.
Im Februar 2014 begann ich mit dem Schreiben meines Debütromans „Bereue Hannover-Krimi“. Anfangs schrieb ich nur für mich und „just for fun“. Erst als das Manuskript für meinen Regionalkrimi fertig war, beschäftigte ich mich mit dem Gedanken, das Buch zu veröffentlichen. Bis es so weit war, habe ich das Manuskript immer und immer wieder durchgelesen. Jedes Mal nahm ich Veränderungen vor, korrigierte Fehler, recherchierte im Internet, wie man einen Roman schreibt, und sah mir verschiedene Bücher genauer an, um von dem Schreibstil diverser Autoren zu lernen. Erst dann war ich bereit dazu, das Manuskript meiner Familie und ein paar Leuten aus meinem Umfeld, zum Lesen zu geben.

Unterstützt deine Familie dich oder findet sie dein Hobby eher merkwürdig?

Gute Frage, bin gerade am Grinsen … Wahrscheinlich findet mich meine Familie in manchen Dingen grundsätzlich merkwürdig …Nein, nicht wirklich. Mein Mann und ich sind seit über dreißig Jahren verheiratet, sind beide sehr experimentierfreudig und unterstützen uns immer gegenseitig. Zu meinen beiden Schwestern und deren Familien besteht ein inniger Kontakt. Sie haben mich, vor allem meine jüngste Schwester, in beiden Projekten sehr unterstützt. Meine Nichte arbeitet in einer Werbeagentur und hat beide Cover für mich designt. Quasi fast ein Familienprojekt.

Du hast das Buch als Selfpublisher herausgebracht. Vermarktest du es aktiv oder sind dir die Verkaufszahlen eher egal?

Nachdem mein Entschluss feststand, „Bereue Hannover Krimi“ zu veröffentlichen, hatte ich einige seriöse Verlage angeschrieben. Obwohl ich vorab lediglich um Informationsmaterial bat, erhielt ich keine Rückmeldungen. Also recherchierte ich im Internet, suchte nach einem für mich passenden Selbstverlag und entschied mich letztendlich für Book on Demand (BoD). Man muss sich dabei aber im Klaren sein, dass niemand das Buch liest und ggf. korrigiert, außer man bucht einen Korrektor oder Lektor dazu, wenn man es sich leisten kann. Im Nachhinein bin ich mit meiner Entscheidung zufrieden.
Leider sind Selfpublisher immer noch nicht so anerkannt, wie die Autoren, die einen Verlag im Rücken haben. Deshalb sind unsere Bücher hauptsächlich nur online erhältlich. Dabei gibt es sehr viele unbekannte Autoren, die tolle Bücher geschrieben, aber keine Lobby haben.
Inzwischen verkaufen vier eigenständige Buchhändler in Hannover meine Bücher, die sie von mir in Kommission bekommen. Erst vor kurzem erfuhr ich durch meine Nichte, dass ein mir unbekannter Buchhändler in Garbsen, einem Stadtteil von Hannover, mein Buch „Bereue“ in seinem Ladengeschäft zum Verkauf anbietet. Das hat mich sehr stolz gemacht. Ansonsten hatte ich zu diversen Stadtteilzeitungen Kontakt aufgenommen, die in einer ihrer Ausgaben mein Buch vorgestellt hatten. Vor einem knappen Jahr habe ich mich bei Google+ angemeldet. Mittlerweile habe ich sehr nette Kontakte, auch zu anderen Autoren und wir tauschen uns regelmäßig aus.
Verkaufszahlen sind mir natürlich nicht egal. Anfangs war ich regelrecht süchtig nach den Verkaufsrängen z.B. bei Amazon, Thalia, Buch.de. Die Veränderungen nach oben und nach unten habe ich mehrfach täglich kontrolliert und notiert. Beim zweiten Buch bin ich etwas entspannter.

Willst du dich ganz auf Regional-Krimis spezialisieren oder kannst du dir vorstellen auch einen Krimi zu schreiben, der wo anders spielt? Oder einen Thriller?

Ein Thriller ist nicht in Planung, man sollte aber nie »nie« sagen. Eine meiner Kurzgeschichten handelt von einer älteren Dame, die, wie die gute alte Mrs. Marple, auf Verbrecherjagd geht. Die Geschichte ist ausbaufähig. Es würde mich auch reizen, einen reinen Frauenroman zu schreiben. Im Moment liegt der Fokus auf Regionalkrimis, da fühle ich mich sicher, weil mir die Gegend vertraut ist. Außerdem möchte ich die Geschichte von Lea, ihrer Tochter Saskia und deren Freundin Judy, Oliver und den beiden Kommissaren weitererzählen.

Planst du deine Krimis von Anfang an oder schreibst du eher drauflos und schaust dann, wo das hinführt?

Eine Grundidee besteht. Tatsächlich schreibe ich drauflos, planen ist nicht so mein Ding. Die Geschichte entwickelt sich dann von selbst. Wenn irgendetwas nicht stimmig ist, nehme ich Veränderungen vor. Die eigentliche Arbeit beginnt dann mit dem Korrigieren.

Gehörst du auch zu den Autoren, die Musik zur Inspiration beim Schreiben brauchen?

Nein, ich brauche keine Musik, das würde mich nur ablenken. Ich genieße die Ruhe beim Schreiben. Am liebsten schreibe ich abends, oft bis spät in die Nacht.

Schreibst du schon an deinem nächsten Krimi?

Ja, etwa fünfzig Seiten habe ich schon zu Papier gebracht.

Möchtest du uns sonst noch etwas erzählen?

Ich möchte mit meinen Krimis unterhalten und hoffe, dass meine Leser so viel Spaß daran haben sie zu lesen, wie mir es Freude macht, sie zu schreiben.

Vielen Dank für das Interview, Ina Kloppmann. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.

Ich danke auch, immer wieder gerne. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.

7 Gedanken zu „Interview mit der Autorin des Krimis „Anders- Hannover-Krimi“

  1. Berni

    Zuerst war ich mir beim Stil der Bücher nicht ganz sicher, aber jetzt liebe ich sie und will gerne bald mehr von dir lesen!

    • ina Kloppmann

      Ganz lieben Dank an dich, Berni! Das ist ein sehr schönes Kompliment für mich 🙂 Liebe Grüße Ina

  2. Ola

    Ich habe Jahre lang wegen der Kinder kaum Zeit zum Lesen gefunden, sie mir jetzt aber genommen und die Krimis fesseln mich unglaublich. Ich könnte die Bücher direkt verschlingen!

    • ina Kloppmann

      Liebe Ola, ich freue mich sehr darüber, dass du durch meine Bücher für eine Weile dem Alltag „entfliehen“ konntest 🙂 Es ist grundsätzlich wichtig, sich auch mal Zeit für sich und zum Entspannen zu gönnen. Liebe Grüße Ina

  3. Sabine Knybba

    Die oben genannte ten Bücher habe ich beide gelesen bisher zweimal. Ich bin Krimi Süchtig. Und diese beiden haben mir ausnehmend gut gefallen. Ich hoffe auf weitere Bücher von Frau Klopmann, und wünsche ihr viele gute Ideen.

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Sabine,
      das wird die Autorin freuen zu hören 🙂
      Solche Leser/innen wünscht sich jeder Autor.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

    • Ina Kloppmann

      Hallo Sabine,
      das freut mich wirklich sehr! Wie Ann-Bettina schon schrieb, solche Leser kann man sich als Autor wirklich nur wünschen! Ganz lieben Dank für den Kommentar 🙂
      Liebe Grüße
      Ina

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