Heute habe ich mal wieder eine Kinderbuch-Autorin zu Gast.
Guten Tag Anja Kiel.
Hallo Ann-Bettina Schmitz!
Auf deiner Homepage habe ich gelesen, dass deine Mutter dich dazu überredet hat, mit ihr zusammen das Kinderbuch »Die Hüter des schwarzen Goldes« zu schreiben. Hattest du vorher schon mit Kindern gearbeitet oder wie ist sie darauf gekommen?
Ich habe vorher schon als freie Journalistin für Zeitschriften über kulturelle Themen geschrieben. Das Schreiben war also kein Neuland für mich. Außerdem arbeitete ich einige Jahre auf dem Welterbe Zeche Zollverein als Gästeführerin für Erwachsene, aber auch für Kinder und Jugendliche. Daher kannte ich mich ganz gut mit Bergbau aus. Meine Mutter Inge Meyer-Dietrich wollte schon lange etwas aus der Ruhrsage über die Schwarzmännchen machen, die das „Schwarze Gold“, also die Kohle bewachen. Und zu zweit hat es unheimlich viel Spaß gemacht, daraus einen Roman zu entwickeln und zu schreiben. Ich bin sehr froh, dass sie da nicht locker gelassen hat.
Deine Mutter ist ja als Kinderbuchautorin schon lange im Geschäft. Hat man dich da als Co-Autorin überhaupt wahrgenommen?
Natürlich war ihr Name den meisten erst mal geläufiger. Und Anfragen für Lesungen wurden in der ersten Zeit sicher mehr an sie als an mich gestellt. Was für mich auch kein Problem war, weil fast gleichzeitig mit dem Erscheinen des Buchs auch mein zweites Kind zur Welt gekommen ist und meine Aufmerksamkeit brauchte.
Aber wer weiß, wann ich mich ohne die Unterstützung durch meine Mutter überhaupt ans Schreiben von Büchern gewagt hätte? Außerdem ist sie ein toller Coach, der alle meine Texte gegenliest, mir Tipps für Lesungen gibt und mich vor Blockaden bewahrt. So eine Mentorin würde ich jedem Autor wünschen! Und umgekehrt schickt sie mir ihre Texte zum Gegenlesen.
2014 hast du dann »Lara und die freche Elfe« allein unter deinem Namen herausgebracht. Erzähl uns doch etwas darüber.
Ich wollte eine Elfe erschaffen, die ein bisschen aus dem Klischee ausbricht, das man heutzutage in den Kinderbüchern findet. Eine, die nicht blond und nett ist und über die Blumenwiese tanzt. Die Geschichte habe ich als Text für Erstleser geschrieben und an die zuständige Lektorin beim Ravensburger Buchverlag geschickt. Und war völlig überrascht, als diese Lektorin nur wenige Tage später ganz begeistert zurückrief. Es hat dann noch zwei ganze Jahre gebraucht, bis die Elfe auf den Markt kam. Glücklicherweise kommt sie prima bei den kleinen Leserinnen an, so dass Ravensburger weitere Bände bei mir in Auftrag gegeben hat. Anfang Juni ist „Lara und die freche Elfe. Prinzessinnenzauber“ erschienen. Natürlich sind die Prinzessinnen hier auch gegen den Strich gebürstet.
Voriges Jahr hast du »Ein Stern für Finja« veröffentlicht. Um was geht es in diesem Buch?
Das Buch habe ich wieder gemeinsam mit Inge Meyer-Dietrich geschrieben. Es handelt von der Familie Sternberg, die in das alte Haus der verstorbenen Großtante Helene zieht. Ein ganz besonderes Haus mit einem verwunschenen Garten und einer Sternwarte auf dem Dach. Die drei Kinder Finja, Jo und Paulchen leben sich mit einigen Schwierigkeiten Stück für Stück in ihre neue Heimat ein und erleben dabei so einiges: Sie finden einen geheimnisvollen Koffer auf dem Dachboden, gruseln sich während einer Zeltnacht im Garten, arrangieren ein Fußballturnier und sind sogar bei einem großen Fotoshooting mit echten Models, Pferd und Minischwein dabei.
Neben Lesungen führst du auch Schreibwerkstätten für Kinder durch. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Schreibwerkstätten sollen bei Kindern und Jugendlichen die Lust am Selberschreiben wecken, aber auch ihre Wahrnehmung schärfen und die Neugier aufs Lesen stärken. Manchmal gebe ich ein Thema vor, etwa „Meine Zukunft“, „Freundschaften“, „Fantasy“. Manchmal gibt es im Vorfeld eine kleine Exkursion, zum Beispiel durch das Stadtviertel. Und auf Wunsch können die Themen auch frei gewählt werden. Ich führe mit den Kindern und Jugendlichen Schreibspiele durch, stelle ihnen Kreativitätstechniken vor und gebe ihnen Tipps, wie sie ihren Schreibstil verbessern können. Die Schreibwerkstätten können je nach Möglichkeit nur einen oder zwei Vormittage dauern oder finden als wöchentlicher Kurs statt. Es entstehen kleine Gedichte, Kurzgeschichten, Comics, Romananfänge …
Du weist auf deiner Homepage darauf hin, dass du auch zu den Bedingungen des Friedrich-Bödecker-Kreises liest bzw. Schreibwerkstätten durchführst. Was bedeutet das?
Der Friedrich-Bödecker-Kreis unterstützt Autorenbegegnungen im schulischen Bereich, aber auch in Bibliotheken. Mitglieder können Lesungen und Schreibwerkstätten mit Kinderbuchautoren zu attraktiven Bedingungen buchen. In vielen Grundschulen etwa gehört es zum Schulprogramm, Lesungen für die Schüler anzubieten.
Du hast selber Kinder. Dienen die als Versuchskaninchen für deine Bücher oder sind die aus dem Alter raus?
Nein, die sind gerade im perfekten Alter. Allerdings finden sie im Moment noch so ziemlich alles toll, was ich schreibe! Aber es hilft als Kinderbuchautor schon sehr, von Kindern umgeben zu sein, zu erleben, was sie bewegt, wie sie denken, wie sie sprechen.
In Münster hast du Kunstgeschichte, Philosophie und angewandte Kulturwissenschaften studiert. Unter Kunstgeschichte und Philosophie kann man sich ja etwas vorstellen. Aber was sind angewandte Kulturwissenschaften?
Die angewandten Kulturwissenschaften untersuchen kulturelle Phänomene – etwa Filmtrends, Fankulturen, Popliteratur – und vermitteln Fähigkeiten, theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden. Dafür habe ich in Münster zum Beispiel auch Rhetorikkurse besucht, Interviewtechniken erlernt, projektbezogenes Arbeiten trainiert. Das hat mir für meine Arbeit als Journalistin, aber auch Autorin viel gebracht. Leider gibt es den Studiengang in dieser Form in Münster nicht mehr.
Hast du neben Familie, Schreiben, Lesungen und Schreibwerkstätten noch Zeit für Hobbys?
Für Sport – insbesondere Yoga – und Lesen muss auch immer Zeit sein!
Schreibst du schon an einem neuen Buch?
Ja, tatsächlich schreibe ich gerade an einem neuen Buch für Kinder. Wann und wo das erscheint, weiß ich allerdings noch nicht.
Nächstes Jahr bringt Ravensburger aber zwei weitere Erstleser von mir heraus, die ich schon fertig geschrieben habe. Zurzeit werden sie illustriert. Ich bin sehr gespannt!
Ich schreibe zwar überwiegend für Kinder, aber nicht nur. Im August erscheint im kleinen, feinen Ruhrgebietsverlag Henselowsky Boschmann (der auch „Die Hüter des Schwarzen Goldes“ verlegt hat) „Wie is? – Muss.“ Die Anthologie versammelt Kurzgeschichten, in denen nicht alles so ganz glatt läuft. Eine davon habe ich geschrieben.
Möchtest du uns sonst noch etwas erzählen?
Natürlich macht mir das Schreiben und Entwickeln von Geschichten viel Spaß – sonst hätte ich es nicht zu meinem Beruf gewählt. Aber mindestens genauso viel Spaß macht es mir, Kindern (meine) Geschichten vorzulesen, ihre Fragen zu beantworten, ihre lustigen, abenteuerlichen, nachdenklichen Assoziationen zum Gehörten erzählt zu bekommen. Ich kann nur allen Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln raten: Lest den Kindern vor! Kinder lieben Geschichten – alle!
Vielen Dank für das Interview, Anja Kiel. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern.
Vielen Dank!
Schreibwerkstätten für Kinder sind ja eine tolle Idee. 🙂 Daran hätte ich damals auch echt gerne teilgenommen. 🙂
Liebe Grüße,
Sarah
Hallo Sarah Maria,
mir gefällt die Idee auch, Kinder nicht nur zum Konsumieren von Texten, sondern auch zum Gebrauch der eigenen Fantasie anzuregen. Hat es zu meiner Zeit leider auch nicht gegeben.
Wünsche dir noch einen schönen Sonntag
Ann-Bettina