Interview mit der Autorin Gesine Schulz

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Heute möchte ich euch eine vielgereiste Autorin vorstellen, die Kinderbücher und Krimis schreibt. 2002 brachte sie den ersten Kurzkrimi mit Karo Rutkowsky auf den Markt.

Guten Tag Gesine Schulz.

Dass eine studierte Bibliothekarin anfängt, selber zu schreiben, versteht man ja. Aber wie bist du darauf gekommen, die Heldin deiner Krimi-Reihe, Karo Rutkowsky, als eine Privatdetektivin und Putzfrau anzulegen?

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Wie viele Autorinnen habe ich schon als Kind und Jugendliche Geschichten geschrieben, wenn auch nicht immer zu Ende. Später habe ich immer wieder mal Kurzgeschichten veröffentlicht, doch auf die Idee, Kurzkrimis zu schreiben, kam ich erst durch meine Mitgliedschaft bei den Sisters in Crime (heute: Mörderische Schwestern).
Über deren Mailingsliste erfuhr ich von der Ausschreibung für eine Kurzkrimi-Anthologie, in der es um übergewichtige Frauen gehen sollte.
Ich beschloss, meine Ermittlerin würde eine frischgebackene Privatdetektivin sein. Schnell war mir klar, dass sie wegen der noch schleppenden Auftragslage ein zweites Standbein brauchte.

Die Idee, dass sie nebenbei schwarzarbeitende Putzfrau sein würde, kam mir nach einem Zufallsgespräch mit einer Putzfrau, die schwarz und sehr gut bezahlt in Villenhaushalten des Essener Südens arbeitete. Sie gab mir – diskret – einen Einblick in ihre Arbeit und ich erkannte, dass Privatdetektivin und Putzfrau für Karo und meine Krimis eine ergiebige Kombination wären 😉
Karos erster Fall hieß „Dickmadam lacht“ und erschien in der von Tatjana Kruse und Martina Bick herausgegebenen Anthologie „Mordsgewichte“ im Piper Verlag.

Deine Karo(Rutkowsky)-Krimis sind Kurzkrimis, die es sowohl gesammelt als Bücher als auch in Krimi-Anthologien gibt. Steckt da ein Prinzip hinter oder hat sich das zufällig so ergeben?

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Alles reiner Zufall. Nach dem ersten Kurzkrimi hatte ich sozusagen Blut geleckt und beteiligte mich an weiteren Ausschreibungen. Da ich Karo Rutkowsky schon mal erfunden hatte, benutzte ich sie einfach weiter. So entwickelte sie sich allmählich zur Serienfigur. Bis auf ein oder zwei Geschichten wurden alle Karo-Krimis zuerst in Anthologien veröffentlicht.
Später erschienen ihre Fälle gesammelt in den Bänden „Der Beuys von Borbeck“ und „Grab mit Aussicht.“
Als Amazon mit KPD anfing, zuerst in den USA, habe ich quasi aus Bastelfreude angefangen, einige der Kurzkrimis selbst als E-Books zu veröffentlichen.
Im letzten Jahr kam über meine Literaturagentin Gudrun Hebel das Angebot des E-Book-Verlags dotbooks, die noch nicht als E-Book erhältlichen Karo-Krimis zu verlegen. Der Verlag hat jeweils drei bis vier Kurzkrimis zu E-Books zusammengestellt: „Die sauberen Fälle der Privatdetektivin & Putzfrau Karo Rutkowsky“, Band 1 − 4.

Du schreibst aber auch andere Krimis, z. B. Reisekrimis oder Gartenkrimis. Spiegeln sich in den Reisekrimis deine eigenen Reiseerfahrungen?

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Teils, teils. „Bantry House Blues“ spielt im Südwesten Irlands, der mir sehr vertraut ist. „Spanien sehen – und sterben?“ spielt in der Mancha, die ich noch nicht besucht habe. Spanienkenner finden die Atmosphäre in dem Weindorf sehr authentisch, was daran liegen muss, dass ich den spanischen Freund, der von dort stammt, so gründlich befragt habe – meist bei einem Glas Wein aus der Region.

Dein erstes Buch war ein Kinderbuch »Eine Tüte grüner Wind«. Das scheint sehr erfolgreich zu sein. Es ist auch in Schwedisch und Niederländisch erschienen. Kannst du erklären, woran das liegt?

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Stimmt, mein Irland-Buch „Eine Tüte grüner Wind“ hat sich zu einem Longseller entwickelt. Dabei hat die erste Agentur, der ich das Manuskript anbot, mit den Worten abgelehnt „Wer will den so was lesen?“
Im Mai 2016 erschien die 17. Taschenbuchauflage beim Carlsen Verlag, womit die Frage beantwortet sein dürfte 😉
Den Erfolg hat das Buch in erster Linie den Buchhändlerinnen und Buchhändlern zu verdanken, die damals das Leseexemplar des Ueberreuter Verlags gelesen haben und so begeistert waren, dass sie die „Tüte“ ihrer Kundschaft empfahlen und immer noch empfehlen. Mundpropaganda – etwas Besseres gibt es ja nicht. Im Lauf der Jahre hat sich das Buch auch jugendliche und erwachsene Leser erobert, und es wird sogar in Schulen durchgenommen.

Zu diesem Buch gibt es auch Unterrichtsmaterialien. Was ist das Lernziel?

Wie ich von Deutschlehrerinnen weiß, behandeln sie über das Buch Themen wie: Vorurteile, Landeskunde Irland, Mutter-Tochter-Konflikte, Kreativität, Heimweh oder Alleinsein in der Fremde.

Du schreibst auch Kinderkrimis um die Privatdetektivin Billie Pinkernell. Erzähl uns doch etwas darüber. Sind Krimis bei Kindern ähnlich beliebt wie bei Erwachsenen?

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Das kann ich nicht sagen, wohl aber, dass meine junge Privatdetektivin Billie Pinkernell http://www.billie-pinkernell.de/Hallo.html unter Kindern zwischen 8 – 11 ½ Jahren begeisterte Fans hat und sogar Nachahmerinnen. Mindestens drei Leserinnen haben auch ein Detektivbüro gegründet, wie mir Mütter schrieben.

Auf deiner Homepage habe ich gelesen, dass du deine Zeit zwischen dem Ruhrgebiet und Irland aufteilst. Was fasziniert dich an Irland?

Darüber könnte ich einen ganzen Roman schreiben (habe ich auch, doch er wartet noch auf einen Verlag). Kurz gesagt liebe ich an Irland die Landschaft, die Menschen, Irlands Geschichte und die wunderbare Luft.

Du bist ein Fan deutschsprachiger Krimi-Autorinnen, deren Werke vor 1960 erschienen sind. Was ist das Besondere an diesen Krimis?

Viele sind ganz fürchterlich, ebenso wie die meisten Krimis der damaligen männlichen Kollegen im deutschsprachigen Raum. Ich las schon immer gerne Kriminalromane englischsprachiger Autorinnen des sogenannten goldenen Zeitalters, also Dorothy L. Sayers, Agatha Christie, Josephine Tey und viele andere. Irgendwann stellte ich mir die Frage: Hat es auch frühe deutschsprachige Autorinnen von Kriminalliteratur gegeben? Außer Annette von Droste-Hülshoff kannte ich nämlich keine. Ich stöberte auf Flohmärkten, in Antiquariaten, in Bibliographien, später auch im Internet, und wurde nach und nach fündig.
Dann begann ich, mich auch für die Lebensumstände der Autorinnen zu interessieren, von denen viele ungeheuer fleißig waren und oftmals sich und ihre Familien durchs Schreiben ernährten.
Eine frühe und höchst erfolgreiche Autorin von Kriminalliteratur war die 1807(!) geborene Luise Reinhardt . Jane Beß (*1894) war eine der produktivsten Drehbuchautorinnen der 1920er Jahre und schuf eine der ersten Detektivinnen des deutschen Films.

Liest du auch etwa anderes als Krimis?

Oh ja. Gerade „Ein untadeliger Mann“ der englischen Autorin Jane Gardam.

Schreibst du zurzeit an einem neuen Buch?

Sogar an einer ganzen Reihe – und es handelt sich diesmal nicht um Krimis, sondern um Kurzromane um einen Kater.
In den idyllischen englischen Cotswolds ist der kluge dreifarbige Kater Darcy auf der Suche nach seinem früheren Zuhause. Unterwegs macht er immer wieder bei Menschen Station, in deren Leben sich durch sein Auftauchen etwas verändert.

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Die Romane sind in sich abgeschlossen. Gerade schreibe ich am vierten Band. Es macht mir viel Freude, jeden Morgen schreibend in die Cotswolds abzutauchen und ich bin gespannt wie Darcy und seine Erlebnisse bei den Leserinnen und Lesern ankommen werden.
Die Geschichten werden ab Januar 2017 beim neuen E-Book-Label „ba“ von Bastei Lübbe erscheinen. Mehr auf http://www.gesineschulz.com/Darcy.html
Wer meinen Newsletter bezieht, wird demnächst schon einen Auszug aus „Darcy – Der Glückskater im Buchladen“ lesen können, dem ersten Band der Reihe.

Die dreifarbigen Glückskatzen sind übrigens fast immer weiblich. Nur etwa jedes dreitausendste Glückskätzchen ist ein Kater. Serienkater Darcy ist ein solch seltenes Exemplar.

Möchtest du den Leser/innen sonst noch etwas erzählen?

Allen, die Gärten und/oder Krimis lieben, möchte ich mein Benefiz-E-Book „Kriminell gute Garten-Tipps“ ans Herz legen. In dem unterhaltsamen Ratgeber enthüllen Autorinnen und Autoren, die (auch) Krimis schreiben, ihre grüne Seite für den guten Zweck.
Mitgemacht haben u. a. Spiegel-Bestsellerautorin Rebecca Gablé, Wilsberg-Erfinder Jürgen Kehrer und Elsemarie Maletzke, die renommierte Autorin von Gartenbüchern.

Vielen Dank für das Interview, Gesine Schulz. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern.

Ich danke sehr herzlich, Ann-Bettina! Weiterhin viel Erfolg mit dem Blog!