Interview mit der Autorin Tanja Hanika

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Nachdem ich in den letzten Wochen zahlreiche Krimi-Autor*innen zu Gast hatte, stelle ich euch heute eine Autorin vor, die Schauer- und Horrorgeschichten schreibt.

Guten Tanja Hanika.

Zuletzt ist dein Horrorroman „Zwietracht – mörderische Freundschaft“ erschienen. Die Protagonistin ist eine Schriftstellerin. Hast du in diesem Buch eigene Ängste verarbeitet?

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Es stecken tatsächlich einige Erfahrungen darin, die ich beim Schreiben von Horrorgeschichten gemacht habe. Ich weiß, wie das ist, wenn man nachts alleine zuhause schreibt und sich irgendwann anfängt, vor der eigenen Fantasie zu gruseln. Dennoch ist der Roman definitiv keine Geschichte über mich und ich habe mich nicht auf die Protagonistin projiziert. Ich benutze generell gerne kleine Details aus dem wahren Leben, um eine Geschichte und die Figuren authentischer zu machen, so auch in „Zwietracht“.

Kannst du uns kurz den Unterschied zwischen einer Schauer- und einer Horrorgeschichte erklären?

Der Schauerroman ist das deutsche Äquivalent zur englischen „gothic novel“. Sein Setting ist ein düsterer Landstrich vor mindestens hundert Jahren, meistens im 19. Jahrhundert. In der Geschichte geht es um mysteriöse Vorkommnisse, es gibt Todesfälle, Rätsel, gerne Labyrinthe und dergleichen. Am Ende wird meistens ein Spuk oder ein Vampir entdeckt. Die Sprache ist dem Setting entsprechend oft antiquiert.

Horrorromane dagegen sind thematisch ziemlich frei. Alles ist möglich, oftmals wird hier neben der Angst noch versucht, Ekel beim Leser zu erzeugen. Obwohl Horrorromane zwar auch ein historisches Setting haben können, spielen sie doch meistens in der Gegenwart oder zeitlich sehr nahe an der Gegenwart. Sie sind moderner und bei Weitem blutiger bzw. grausamer.

Band 2 deiner Reihe um die Schatten der Nacht „Vernichte die Schatten der Nacht“ ist auch voriges Jahr erschienen. Um was geht es in dieser Reihe?

Die beiden Kurzromane sind dem Genre „dark romantasy“ zuzuordnen, wobei das „dark“ betont werden sollte. Es geht um das Überleben in einer Welt mit Vampiren. Dazu wird allerdings keine Liebesgeschichte zwischen einem Menschen und einem glitzernden Vampir erzählt. Im Gegenteil! Meine Vampire sind Blut raubende Bestien, zombieähnliche Monster, denen man unter keinen Umständen begegnen möchte. Deswegen bleiben nachts alle Menschen, bis auf die Vampirjäger, in ihren gesicherten Häusern. Jenna, die Protagonistin beider Teile, muss sich für ihren Bruder in einer Nacht hinaus in die Finsternis wagen. Sie begegnet einem Vampirjäger namens Nate, der sie vor einem Vampir rettet. Sie ringt ihm das Versprechen ab, ihn einmal auf einer Jagd begleiten zu dürfen. Im zweiten Band dann legt sie es schließlich aufgrund eines schmerzlichen Verlusts darauf an, selbst Vampire zu töten und eine ernst genommene Jägerin zu werden.

Zwischen dem Erscheinen von „Vernichte die Schatten der Nacht“ und „Fürchte die Schatten der Nacht“ lag nur ungefähr ein halbes Jahr. Bist du eine Schnellschreiberin oder wie hast du das gemacht?

Nachdem der erste Teil veröffentlicht war, habe ich einige sehr liebe Mails von Lesern bekommen, die unbedingt wissen wollten, wie es mit Jenna weitergeht. Geplant war ein zweiter Teil zunächst nicht, aber ich hatte einige Ideen und aufgrund der Lesernachfragen, habe ich beschlossen, möglichst schnell mit einem zweiten und gleichzeitig letzten Band anzuknüpfen. In diesem halben Jahr habe ich den Hauptteil meiner Arbeitszeit auf „Vernichte die Schatten der Nacht“ konzentriert, da es mir wichtig war, dass Jennas Geschichte zeitnah für die Leser zu Ende erzählt wird.
Ich bin beim Schreiben schon recht schnell, aber die vielen Korrekturdurchgänge waren trotzdem zeitintensiv. Da es sich bei beiden Büchern um Kurzromane handelt, die nicht nur angenehm schnell zu lesen, sondern damit auch schneller zu schreiben sind, war der recht enge Zeitrahmen von circa einem halben Jahr gut einzuhalten.

Wenn ich das richtig gelesen habe, hast du deine erste Geschichte 2012 in einer Anthologie herausgebracht und dich dann 2013 und 2014 mit der Zahl der Veröffentlichungen ordentlich gesteigert. Hast du so ein gutes Zeitmanagement, dass du so viel schreiben kannst? Oder hattest du einen Teil der Geschichten schon in der Schublade liegen?

Ich behalte gerne meine Prioritäten im Blick, welchen Projekten ich Vorrang geben möchte. Ich denke also, dass mein Zeitmanagement tatsächlich ganz gut ist. Aus der Schublade, in der sich wirklich viele Geschichten stapeln, hatte ich keine Texte eingereicht, sondern auch zu Übungszwecken immer für jede einzelne Ausschreibung neue Geschichten geschrieben.
Als ich mich dazu entschieden hatte, es beruflich als Autorin bzw. überzeugte Self-Publisherin zu versuchen, wollte ich anhand von Kurzgeschichteneinreichungen bei Anthologien und Literaturzeitschriften ausprobieren, welche Geschichten genommen werden und welche nicht. Was also funktioniert am Markt und was nicht. Ich habe das Glück, dass meine Erfolgsquote bei den Einreichungen ziemlich gut war, weshalb so viele Veröffentlichungen zustande kamen. Seit ich als Self-Publisherin meine eigenen Bücher veröffentliche, habe ich leider keine Zeit mehr gefunden, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen.

Nützt dir dein Germanistikstudium für deine Tätigkeit als Schriftstellerin?

Das Germanistikstudium empfinde ich als ungemein bereichernd, aber keinesfalls als Voraussetzung dafür, dass man Autor wird. Ich selbst würde nicht darauf verzichten wollen, denn die vielen Analysen von Texten haben mir ein gutes Gefühl für den Aufbau von Geschichten vermittelt und der Einblick in die Literaturgeschichte hat mir gezeigt, was die Wurzeln dessen sind, was wir heute gerne lesen. Ich konnte mir ein fachliches Wissen aufbauen und meine sprachlichen Fähigkeiten erweitern. Abgesehen davon, dass die meisten Seminare und Vorlesungen sehr spannend und interessant waren, habe ich also wirklich davon profitiert. Aber all das kann man sich auch ohne Germanistikstudium aneignen. Mein „Arbeitsbuch für Schriftsteller“ wäre aber wohl ohne mein Studium nicht zustande gekommen. Zumindest längst nicht zu diesem Zeitpunkt.

Nebenbei hast du auch noch ein Arbeitsbuch für Schriftsteller herausgebracht. Gibst du darin deine persönlichen Erfahrungen weiter oder ist eher eine theoretische Anleitung?

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Beim Arbeitsbuch geht es darum, dass es Autoren und Schreiberlingen leichter fällt, ihren eigenen Roman zu entwickeln. Dafür habe ich Arbeitsblätter zu verschiedensten Themen und Bereichen entwickelt, die man selbst ausfüllt. Dabei geht es um Figurenerstellung, Plotstruktur bis hin zum Marketing. Das Arbeitsbuch hilft nicht nur bei der Vorbereitung zum Schreiben der Rohfassung einer Geschichte, es gibt auch Korrekturchecklisten und Anleitungen zum Verfassen von Exposé oder Pressemitteilung und vieles mehr.

Ist deine Familie genauso von Horrorgeschichten begeistert wie du?

Ja, und das freut mich enorm. Dass mir meine Familie den Rücken stärkt, unterstützt mich sehr. Was ich besonders süß finde, ist, dass sogar meine Omas meine Horrorromane lesen. Zumindest solange es draußen hell ist.

Was wirst du als nächstes Buch herausbringen? Oder ist da noch ein Geheimnis?

Der nächste Horrorkurzroman wird „Scream Run Die“ heißen und wahrscheinlich im Mai erscheinen.
Parallel arbeite ich an „Der Angstfresser“, den ich voraussichtlich im Herbst veröffentlichen möchte.

Möchtest du den Leser*innen sonst noch etwas erzählen?

Ich würde alle Menschen, die es lieben Bücher zu lesen, gerne ermutigen, auch einmal das Horrorgenre auszuprobieren. Es geht dabei nicht nur um Angst. Es geht um Atmosphäre, Spannung, Twists und das Ergründen von Mysteriösem, Bösem, Verrücktem. Man kann überlegen, wie man anstelle des Protagonisten mit dem Kampf um Leben und Tod umgegangen wäre, wie man selbst gehandelt hätte. Eigentlich sind Horrorgeschichten ein großes, wenn auch verrücktes Abenteuer. Und es gibt auch viele Bücher, die nicht allzu blutig oder ekelig sind.

Vielen Dank für das Interview. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Romanen.

Auch von mir ein herzliches Dankeschön. Es hat großen Spaß gemacht, über meine Bücher und das Schreiben zu sprechen.