Interview mit der Autorin Gabriele Ketterl

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Mein heutiger Interview-Gast schreibt Vampir-Romane, Romantic History und Kinderbücher.

Guten Tag Gabriele Ketterl.

Dein neuester Roman „Highlands mit Hindernissen“ ist ein romantisches Abenteuer in Schottland. Warum gerade Schottland?

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Vor über 27 Jahren war ich das erste Mal in Schottland und habe mich sofort in dieses Land verliebt. Im Frühsommer 2015 hat meine Freundin Stefanie mich dazu überredet, endlich wieder nach Schottland zu fahren. Was auch Sinn machte, da kurz zuvor Band 1 meiner Highland Vampirdilogie „Tyne“ im Bookshouse Verlag veröffentlicht wurde. Die Reise war so traumhaft schön, dass es nicht nur eine Promo Reise für meine Vampire wurde, sondern ich nicht umhinkam, die ganzen herrlichen, verrückten Erlebnisse zu einem Buch zu verarbeiten. Et voilà, Highlands mit Hindernissen war geplottet. Ich muss zugeben, ich bin diesem wunderbaren Land rettungslos verfallen und das kann man zwischen den Zeilen sehr einfach herauslesen.

Du hast zahlreiche Vampir-Romane schrieben. Die Reihe „Highland Vampires“ und die Serie „Venetian Vampires“. Gibt es bei den Vampiren so große regionale Unterschiede?

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venetian-vampires-Kinder der Dunkelheit

Ich habe mir bei beiden Geschichten sehr viele Gedanken darüber gemacht, wo die Vampire ihren Ursprung nahmen. Also meine Vampire. Bei den Venezianern, den Kindern der Dunkelheit ist es die uralte Mythologie, die bis ins Reich des Perserkönigs Darius zurückreicht. Bei den Schotten hingegen haben die Bewohner Avalons und der damalige Merlin ihre Hände im Spiel. Daher sind sie sehr wohl unterschiedlich. Meine Highlander z.B. konnten wählen: Sterben oder ewiges Leben, um den Verrat einiger Highland-Chieftains zu rächen. Sie haben sich für das Leben entschieden … und für die Rache.

Ich finde Vampire – Dracula und so – ja eher eklig. Was fasziniert dich an Vampiren so, dass du ihnen gleich zwei Buchreihen gewidmet hast?

Dazu musst du meine Herren der Nacht kennenlernen. Sie sind keine brutalen blutrünstigen Monster, die bei ihrem Dinner literweise Blut verkleckern.
Die Urväter meiner Venetian Vampires kamen aus den alten Reichen Persiens und Griechenlands, waren Gelehrte und Heiler. Erst als sie sich im Reich des berühmten Perserkönigs Darius niederließen, hatten sie das erste Mal so etwas wie eine Heimat. Das Auftauchen Alexanders des Großen, der Darius belog und betrog, nahm ihnen alles und machte sie wieder zu Wanderern der Ewigkeit. Dafür rächten sie sich, sie taten etwas, was ihnen streng untersagt war: Sie spielten sich zu Göttern auf und nahmen Rache an Alexander und seinem Heer. Bis in die Neuzeit verfolgt dieser Frevel sie und so beschützen ihre Hüter nicht nur ihr eigenes Volk davor entdeckt zu werden, sondern auch die Menschen vor sich selbst.
Meine Vampire leben nach einem strengen Ehrenkodex und sind jeder für sich, faszinierende Wesen mit unglaublichen Geschichten, die alle in der realen Geschichte verankert sind. Das schönste Kompliment einer Leserin: „Ich habe stundenlang über den Geschichtsbüchern gebrütet und könnte schwören, dass das alles stimmt.“
Da hab ich wohl etwas richtig gemacht.
Ebenso meine Highland Vampire, deren Geschichte im Jahr 1766 erzählt wird. Auch sie töten nicht wahllos, lassen ihre „Blutspender“ nicht ausbluten. Sie wollen eigentlich nur in Frieden die Ewigkeit auskosten, was Dank der Menschheit leider unmöglich ist.
Die Schotten sind eher mit einem Augenzwinkern geschrieben, die Venetian Vampires hingegen sind tatsächlich keine leichte Kost, aber wenn man sie einmal liebt, dann gibt es keine Rettung mehr.

Dein historischer Roman „Gefangene der Wildnis“ spielt in Amerika des Jahres 1846. Erzähl uns doch etwas darüber.

Gefangene der Wildnis

„Gefangene der Wildnis“ ist ein echtes Herzensbuch von mir. Ich wollte schon seit einer Ewigkeit ein Buch über ein Volk schreiben, das ich – warum kann ich dir nicht sagen – schon immer sehr liebe und bewundere: Die Native Americans, landläufig und leider falsch, Indianer genannt. Aber Columbus hat da ja, abgesehen davon, dass er zu doof zum Navigieren war, so einiges verbockt.
In diesem Buch habe ich so vieles verpackt, was ich liebe. Die Zeit einer Jane Austen, die Zeit des Aufbruchs, in der Frauen ganz langsam aufwachten und damit begannen, ihre Rollen wahrzunehmen – also raus aus der Küche und dergleichen. Meine Protagonistin Louisa ist eigentlich eine wohlerzogene junge Frau, die sich auf eine unbeschwerte Zukunft freut, von der sie allerdings denkt, dass sie diese selbst gestalten kann. Als ihr Vater das Familienvermögen in den Sand setzt, weigert sie sich vehement eine Zweckehe einzugehen und so müssen sie England verlassen. Louisa ist eine kluge Frau, aber sie verfängt sich in einem Gewirr aus Wut, zerschlagenen Träumen und überzogenen Trotzreaktionen. So lange, bis sie durch ein traumatisches Erlebnis, beinahe den Tod findet. Der Mann, der sie im Nirgendwo der Wildnis findet, ist ein Halbblut, selbst gefangen zwischen den Welten und so kämpfen letztendlich beide darum, ihren Weg zu finden, was besonders für Louisa sehr, sehr hart ist.

In deinem Kinderbuch „Florian, die Elfe Tatü und das Krullemuck“ reist Florian rund um die Welt und lernt eine Reihe unterschiedlicher Lebensweisen kennen. Schließlich landet er im Land der Elfen. Warum schickst du ihn sowohl durch die reale als auch in eine Fantasy-Welt.

Kinder leben heute in einer Welt, in der die ursprüngliche Fantasie, also die in ihren eigenen Köpfen, die, die unsere Tagträume ausmachte, immer mehr in den Hintergrund rückt. Medien füttern sie mit Virtual Reality, mit zahllosen Computerwelten und Spielen, bei denen ich ab und an nur noch ratlos die Schultern zucken kann. Ich schicke meinen kleinen Traumreisenden in seinen Träumen durch die Welt, um nicht nur zu sehen, wie Kinder in anderen Kulturen tatsächlich leben. Mir ist es auch wichtig, dass er seine Fantasie ausleben kann und an der Hand des Elfenkönigs Oberon lernt er eine Welt hinter dem Horizont kennen. Wer sagt uns denn, dass es dort nicht weitergeht? Nur weil die Wissenschaft es verneint und wir in einer medialen Reizüberflutung es oft nicht mehr schaffen uns einfach in unsere Träume fallen zu lassen, muss das ja nicht bedeuten, dass es nicht auch anders sein könnte. Florian kennt nach seinen nächtlichen Reisen beide Welten und das macht ihn stark und mutig.

Dein anderes Kinderbuch „Bavaricus – Medizin für Drachen“ spielt ausschließlich in München. Wie passen Drachen und München zusammen?

Wir müllen unsere Kinder mit Vorurteilen zu, dass es eine Wonne ist. Der Auslöser für Bavaricus war ein sehr unschönes Erlebnis in München. Mitten in der Innenstadt saß ein älterer Obdachloser auf einem Brunnenrand und hielt die Hand auf, um zu betteln. Die Leute liefen achtlos an ihm vorbei, nur ein kleines Mädchen ging zu ihm hin und berührte ihn an der Hand. Daraufhin stürzte ihre sehr elegante Mutter herbei und sagte allen Ernstes zu dem Kind: „Das fasst man nicht an.“
Sie sagte wirklich „Das“, so als habe sie kein menschliches Wesen vor sich. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Ich meuchle diese dumme Person oder ich schreibe ein Buch. Ich schrieb die Geschichte von Bavaricus dem Drachen, der in den Höhlen unter dem Münchner Rathaus lebt. Beschützt seit vielen Jahren von seinem Drachenwächter, der aus einer alten Ritterdynastie stammt, und nun darfst du raten, wie der Drachenwächter aussieht?

Auf deiner Webseite habe ich gelesen, dass du die Autorenlesungen zu richtigen Events ausbaust. Das ist doch sicher sehr aufwendig. Lohnt sich das? Kommt das bei den Leser*innen gut an?

Es ist zwar aufwendig, aber es lohnt sich. Wenn du deine Geschichten mit passenden Erzählungen, Bildern und der darauf abgestimmten Musik untermalst, dann hast du selbst auch mehr Spaß daran. Es ist doch auch für die Leute, die sich entschließen, dir ihren Abend zu schenken etwas Schönes, wenn ich sie z.B. einen Abend lang nach Schottland entführe, ab in die Highlands, mit den passenden Songs und ein paar schottischen Geschichten. Ich biete sogar an, nach der Lesung Fragen zu schottischen Reisezielen zu beantworten und entsprechende Tipps zu geben. So haben die Gäste einen richtig schönen Abend.

Deine Bücher werden von einer Agentur betreut. Würdest du jungen Autor*innen raten, sich auf jeden Fall eine Agentur zu suchen?

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Unbedingt! Eine Agentur hindert dich daran, dir eventuell deine schriftstellerische Zukunft zu verbauen, indem du falsche Entscheidungen triffst. Sie steht dir zur Seite, wenn du unsicher bist und sie wissen genau, in welches Verlagsprogramm du hineinpassen könntest. Davon einmal ganz abgesehen nehmen Verlage dich auch ernster, da sie nur Material vorgelegt bekommen, mit dem sie etwas anfangen können und keine ungefilterten Tsunamis an unangeforderten Manuskripten.

Schreibst du schon an einem neuen Buch?

Ja, ich habe gerade mein Manuskript für den Ullstein Verlag beendet, für das ich aus dem Vollen schöpfen durfte. Schottland, Rockmusik, herrliche Weiten, fröhliche Schotten, Tiere, Liebe, Musiker, Drama und … Ach, das müsst ihr dann schon selbst lesen.
Ab sofort sitze ich an Band zwei von „Gefangene der Wildnis“. Die Geschichte von Louisas Schwester Diana.

Was möchtest du den Leser*innen sonst noch erzählen?

Etwas das mir wichtig ist. Wenn ihr Fragen zu meinen Büchern habt, wenn ihr Fragen zu den Protagonisten habt – her damit. Keine Scheu. Vor Kurzem kam eine Leserin endlich auf mich zu und erzählte mir, sie hätte sich bis jetzt nicht getraut. Ich bin echt harmlos … selbst nach Einbruch der Dunkelheit … ehrlich!
Und noch etwas, lasst euch niemals eure Träume nehmen, hört ihr? Niemals!! Nur wer träumt, lebt wirklich!

Vielen Dank für das Interview, Gabriele Ketterl. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.

Es war mir eine große Freude, vielen Dank auch an dich.