Interview mit dem Autor Jürgen Ehlers

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Mein heutiger Interview-Gast ist durch seine Krimis allgemein bekannt geworden. Er schreibt aber auch wissenschaftliche Bücher über die Eiszeit und Biografien.

Guten Tag Jürgen Ehlers.

Die meisten Leute dürften dich durch einen deiner zahlreichen Krimis kennen. Vor einigen Monaten ist dein neuester Thriller „Die Schlange von Hamburg“ erschienen. In diesem Buch spielen Schlangenmesser eine wichtige Rolle. Warum ausgerechnet Schlangen?

Schlange-Hamburg

Es geht um die Jagdmethode. Die Baumnatter, die im Prolog vorgestellt wird, ist zwar für Menschen nicht besonders gefährlich, aber für Fledermäuse. Wenn die Schlange reglos von einem Höhleneingang herunterhängt, sieht sie aus wie ein Zweig. Wenn dann eine Fledermaus vorbeikommt, schlägt sie blitzschnell zu und tötet sie.

Neben der „Schlange von Hamburg“ gibt es noch die „Hyäne von Hamburg“ und den „Wolf von Hamburg“. Hamburg als Schauplatz der Krimis ist ja naheliegend, schließlich bist du Hamburger. Aber wie kommt es zu der doch etwas merkwürdigen Zusammenstellung der Tiere?

Hyäne von Hamburg
Wolf-von-Hamburg_Cover

Die Hyäne ist ein Aasfresser, und das passt gut zu der Art von Verbrechen, um die es in dem Buch geht. Ermordet werden Menschen, die aus der Sicht des Täters eigentlich schon so gut wie tot sind. Beim „Wolf von Hamburg“ ging es abgesehen von den vordergründigen Ereignissen auch um die Anspielung auf den „bösen Wolf“ aus dem Märchen und die Beziehung Täter – Opfer. Sylvia ist das Opfer ihres Vaters, und gleichzeitig ist er für sie der wichtigste Mensch in ihrem Leben.

Du schreibst auch historische Krimis. Dabei reicht die Zeitspanne von den Fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert. Dich scheint also nicht eine bestimmte Zeitperiode zu faszinieren. Was ist dann dein Antrieb?

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Das sind zwei verschiedene Dinge. Die historischen Kriminalromane um meinen Kommissar Berger spielen zwischen 1917 und 1966. Wilhelm Berger ist 1896 geboren – genau wie mein Vater. Und er erlebt all das mit, was auch mein Vater erlebt hat. Erster Weltkrieg – Kapp-Putsch – Inflation – Drittes Reich – Zweiter Weltkrieg – Bundesrepublik. Das ist der Zeitraum, den ich aufgrund unserer Familiengeschichte einigermaßen überblicken kann, und über den ich mehr erfahren wollte.
Die Anregung für meinen Ausflug in das 18. Jahrhundert habe ich in Schottland bekommen, bei einem Besuch in Dunvegan Castle auf der Insel Skye. Normand McLeod, der damalige Burgherr, hat sich bei dem Aufstand von 1745 auf die Seite Englands gestellt und gegen das Haus Stuart. Keine einfache Entscheidung, denn die Mehrheit seiner Untertanen war für den Aufstand. So kommt es, dass Normand McLeod heute als „The Wicked Man“ gilt – als „Der Böse“. Ich sehe ihn ganz anders.

Außer Kriminalromanen und Thrillern hast du auch Kurzkrimi-Sammlungen veröffentlicht. Sind diese Kurzkrimis Fingerübungen für zwischendurch?

Idylle-trügt

Nein, die Kurzkrimis bieten mir die Möglichkeit, sehr verschiedenartige Dinge auszuprobieren. Da sind lustige Geschichten, da sind auch sehr ernste Geschichten. Und da sind historische Erzählungen, die einen kurzen Abschnitt aus der Geschichte anders interpretieren als normal üblich. Zum Beispiel die Erschießung der Zarenfamilie. Da gibt es so viele Ungereimtheiten, dass manches möglich scheint. Nur eines ist nicht möglich: dass Anastasia, die jüngste Zarentochter, das Massaker überlebt hat.

Für deine Geschichte „Weltspartag in Hamminkeln“ bist du 2005 mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet worden. Den kennt sicher nicht jede(r). Kannst du etwas zu diesem Preis sagen?

Der Friedrich-Glauser-Preis ist der Krimipreis der Autoren. Ich war überrascht, als ich ihn bekommen habe. Ich habe die kürzeste Dankesrede gehalten, die je in der Geschichte des Glausers vorgetragen wurde. Ich bin nach vorn gegangen, zum Podium, und ich habe gesagt: „Danke“.

Wie kommt jemand, der nicht nur irgendwann einmal Geografie studiert, sondern das auch jahrelang sehr ernsthaft und erfolgreich betrieben hat, dazu Krimis zu schreiben?

Es gibt eine Verbindung zwischen den Geowissenschaften und den Krimis. In der Geografie muss ich aus den Oberflächenformen der Landschaft ableiten, wie sie entstanden sind. Der Gletscher, der die Endmoränen geformt hat, ist nicht mehr da. Aber er hat Spuren hinterlassen. Ähnlich ist es bei einem Kriminalfall. Der Täter ist weg, aber er hat Spuren hinterlassen.

Du hast auch einen Hamburg-Krimi-Reiseführer geschrieben. Warum ist Hamburg bei den Krimiautoren als Schauplatz so beliebt. Ist die Stadt so ein gefährliches Pflaster?

Krimi-Reisefuehrer-Hamburg

Nein, Hamburg ist nicht besonders gefährlich. Aber es ist eine sehr große Stadt, in der entsprechend viele Krimiautoren leben. Und es gibt nur sehr wenige komplizierte Kriminalfälle, über die es sich lohnt, ein Buch zu schreiben. Über den „Trümmermörder“ (Januar/Februar 1947, 4 Tote) sind in den letzten Jahren zwei Romane veröffentlicht worden. Vielleicht schreibe ich irgendwann den Dritten.

Hast du noch andere Hobbys?

Lesen natürlich. Und Reisen. Englisches Scrabble spielen mit meiner Frau.

Schreibst du schon an einem neuen Buch?

Ich schreibe immer an einem neuen Buch. Der nächste Roman spielt während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten Niederlanden. Die Recherche dafür hat viele Jahre gedauert. Es ist kein Krimi im engeren Sinne, obwohl es Tote gibt. Es geht um Spionage, Verrat und auch um Liebe.

Möchtest du den Leser*innen sonst noch etwas erzählen?

Die Entstehung meines neuen Romans kann man, wenn man möchte, auf Facebook mitverfolgen. Und man kann den Gang der Dinge ein kleines bisschen beeinflussen.

Vielen Dank für das Interview. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.

Auf den Autor bezogene Werbung:
Homepage des Autors: http://www.juergen-ehlers.com/

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