Interview mit Rotraut Mielke, Autorin des Romans „Rentner-Disco“

Rotraut Mielke

Ich freue mich heute Rotraut Mielke zum Interview in der ABS-Lese-Ecke begrüßen zu können. Rotraut Mielke hat den Roman „Rentner-Disco“ geschrieben.

Guten Tag, Rotraut Mielke.
Guten Morgen, Frau Schmitz! Ich freue mich sehr, dass Sie mich zu diesem Interview gebeten haben.

Können Sie uns kurz erzählen, um was es in „Rentner-Disco geht?
Bei einem Klassentreffen vierzig Jahre nach dem Abitur kommt von der zweifachen Oma Monika der Satz: „Ich hab noch nicht genug getanzt in meinem Leben.“ Altrocker Schorsch organisiert daraufhin in einem leer stehenden Gebäude eine Discoparty, die – ursprünglich als einmalige Sache gedacht – sich schnell zum regelmäßigen Treffpunkt tanzbegeisterter Senioren aus ganz Frankfurt entwickelt. Dass das auf Dauer nicht gut gehen kann, ist klar.

Jede der Personen in meinem Ensemble-Roman hat ihre „Leiche im Keller“. Da geht es zum Beispiel darum, sich abzugrenzen von den eigenen Kindern, die einen rücksichtslos einspannen. Um das Outen von Homosexualität. Den Umgang mit Krankheit. Oder die Panik, wenn man unausweichlich feststellen muss, dass man jetzt alt ist. Es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen und aufzuräumen. Denn auch im fortgeschrittenen Alter muss man sich nicht einfach abfinden. Man kann seine Einstellungen ändern, Neues in Angriff nehmen und seinem Leben eine andere Wendung geben.

Aus den einstigen Klassenkameraden, die sich lange Zeit aus den Augen verloren hatten, wächst allmählich eine verschworene Gemeinschaft zusammen.

Das ist schon Ihr zweiter Roman mit Rentner als Protagonisten. Der erste war „Rentner-WG“. Wie sind Sie darauf gekommen, Romane über Rentner zu schreiben?
Die Idee zu meinem ersten, der „Rentner-WG“, bekam ich durch ein Gespräch mit Freunden. Wir haben damals überlegt, wie und wo wir im Alter am liebsten leben wollten und kamen darauf, ein kleines Hotel zu kaufen. Das hat eine Weile in mir rumort, bis dann allmählich die Story entstand.
Es war also keine gezielte Überlegung: „Jetzt schreibe ich mal was über Best Ager“, sondern entstand eher zufällig. Der Gedanke, einen zweiten Roman (der aber keine Fortsetzung des ersten Buches ist) über etwas „unangepasste“ Rentner zu schreiben, war dann irgendwie logisch.

Außer Best Ager-Romanen schreibe ich auch gerne in anderen Genres. Fantasy/Mystik ist beispielsweise etwas, das mir sehr liegt.

Haben Sie Reaktionen von Rentner auf Ihre Rentner-Bücher bekommen?
Ein gelegentliches „Ja, genauso ist es“. Häufiger höre ich, dass die Geschichte gut und witzig ist. Und dass mein Schreibstil sehr lebendig ist.

Außerdem haben Sie einen Text zu einer Anthologie „Grimms Märchen Update 1.1 und 1.2“ beigesteuert. Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Der Machandel-Verlag bringt eine ganze Serie von Anthologien heraus. Grimms Märchen bildeten den Anfang. Es folgten Andersens Märchen, und jetzt gerade sind die Musäus-Märchen im Werden, zu denen ich auch wieder einen Text beigesteuert habe (voraussichtlich Anfang 2015 im Buchhandel).

Der Verlegerin Charlotte Erpenbeck arbeitet mit viel Liebe und Engagement für ihren kleinen Verlag. Sie veranstaltet jeweils Wettbewerbe, bei denen man einen Text einreichen kann. Dann stellt sie die besten Geschichten zu einer Anthologie zusammen.
Mir hat die Idee gefallen, alten Märchen ein modernes Kleid zu geben. Deshalb habe ich mich bereits zweimal an diesen Wettbewerben beteiligt und hatte das Glück, dass meine Geschichten ausgewählt wurden.
Die Bücher sind wunderschön gestaltet, ein schönes Geschenk für viele Anlässe. Leider ist die Leserschaft für Anthologien begrenzt, deshalb sind diese Bücher leider keine Bestseller.

Sie sind ja selber in einem nicht mehr ganz so jugendlichen Alter. Trotzdem schreiben Sie noch nicht so lange. Warum haben Sie nicht früher mit dem Schreiben begonnen?
Oh, ich habe schon viel früher damit begonnen! In den 70er Jahren habe ich Protestsongs geschrieben, die glücklicherweise nur ein paar Freunde zu lesen bekamen. 🙂
Es folgten Reisetagebücher und etliche spontan notierte Kurzgeschichten. Ich kam nie auf die Idee, mehr aus diesem „Hobby“ zu machen. Zudem war ich beruflich immer stark eingespannt. Den größten Teil meiner Berufstätigkeit habe ich bei einem großen Reiseveranstalter verbracht.

Das allererste gedruckte Buch mit meinem Namen (allerdings als „Trudy Mielke“) darauf war dann auch ein Reiseführer, bei dem ich Co-Autorin war (Campmobil Guide West-Kanada, Vista Point Verlag). Ich hatte da eine Marktlücke entdeckt.
Es folgte ein Kinderbuch („Der Ull“), den ich bei BoD drucken ließ. Das war eine Sackgasse. Ich hatte keine Ahnung von Marketing, keine Kontakte in der Branche und wusste nicht, wie ich mein Buch bekannt machen sollte.
Danach gewann ich den 1. Platz in einem Kurzgeschichtenwettbewerb, und meine Geschichte wurde in der Badischen Zeitung gedruckt. Die Lesung in Freiburg und die damit verbundene Aufregung werde ich nie vergessen.

Erst vor fünf Jahren, als ich meine berufliche Tätigkeit aufgab, hatte ich die Zeit, mich intensiver mit dem Schreiben zu befassen. Und hab‘ dann auch sofort losgelegt.

Als ich das Manuskript zur Rentner-WG fertig hatte, habe ich viele Verlage angeschrieben. Aber das war ein aussichtsloses Unterfangen. Mir ist es nicht gelungen, die Aufmerksamkeit eines Lektors auf den Roman zu ziehen. Bis ich auf den Mainbook-Verlag stieß. Der Verleger Gerd Fischer verlangte ein Exposé von maximal 5 Zeilen. Das sah ich als Herausforderung an.

Im Gegensatz zu vielen anderen „jungen“ Autoren geben Sie ihre Bücher über einen Verlag heraus. Waren Rentner einfach das richtige Thema zur richtigen Zeit oder wie haben Sie den Verlag gefunden?
Es war alles andere als einfach, einen Verlag zu finden – siehe oben. Ich glaube, dass es letztendlich der richtige Zeitpunkt war. Der Mainbook Verlag wollte expandieren und suchte damals ausschließlich Geschichten, die in Frankfurt angesiedelt sind. Nach einer Textprobe war Herr Fischer von den Erfolgsaussichten überzeugt und bot mir einen Vertrag an.

Sie schreiben ja auch Drehbücher. Wie sind Sie darauf gekommen?
Durch eine Sandkastenfreundin meines Mannes, Marie Amsler. Sie hat mit fast sechzig Jahren ihren Master in Screenwriting gemacht, wovor ich die größte Hochachtung habe. Nun bietet sie Online- Kurse und Coaching an (www.storyscript.eu). Ich wollte wissen, ob ich es hinkriege, eine Geschichte aus einem ganz anderen Ansatz heraus aufzuschreiben. Ein Drehbuch, das ja die Basis für einen Film ist, hat den Schwerpunkt natürlichauf dem optischen Aspekt. Und es ist kurz, nur ca. 1 Seite pro Filmminute, was mich anfangs total verblüfft hat. Da muss man sich jedes Wort sehr genau überlegen.
Ich habe von Marie sehr viel darüber gelernt, wie man eine Geschichte gut erzählt. Denn der Aufbau, die Struktur gilt für Bücher und Filme gleichermaßen. Das geht zurück bis zur griechischen 3-Akt-Tragödie. Die „Heldenreise“ und viele andere Ansätze lassen sich sowohl auf Drehbücher als auch auf Romane anwenden. Ich bin davon überzeugt, dass der Aufbau meiner Romane sich verbessert hat, seit ich mich mit dem Drehbuchschreiben befasse. Marie war übrigens auch „Testleserin“ der Rentner-Disco, eine strenge, und damit gute Kritikerin meiner Arbeit.
Der Satz aus Ihrer Rezension „Die handelnden Figuren sind so gut dargestellt, dass man das Seniorentrüppchen direkt vor sich sieht“ war für mich das absolute Highlight. 🙂

Was lesen Sie selber gerne?
Alles, was ich in die Finger kriege – immer noch. Das fing schon in der Kindheit an. Momentan lese ich „Tausend Sommer“ von Anne Rivers Siddons. Das englische Original („Colony“) habe ich vor einiger Zeit gelesen und finde den Vergleich zwischen Englisch und Deutsch sehr interessant.

Was sagt Ihr Mann zu Ihrer Tätigkeit als Autorin?
Mein Mann unterstützt mich sehr bei meiner Schreiberei. Wir finden es beide wichtig, dass man gerade nach Beendigung der Berufstätigkeit etwas hat, das man mit Leidenschaft betreibt. Bei ihm ist es der Golfsport. Er spielt häufig, aber darüber hinaus ist die Förderung der Golfjugend seine Sache. Er engagiert sich als Golfpate und springt als „Ersatzopa“ ein, wenn den Eltern die Zeit fehlt, mit den Kids auf Runde zu gehen. Da ich auch Golf spiele (mit Begeisterung, aber leider ziemlich talentfrei), haben wir ein gemeinsames Hobby. Und jeder hat seinen Bereich, in dem er sich austoben kann.

Planen Sie schon ein neues Buch?
Eines??? Ich habe einige Projekte in der Schublade liegen, die eine Weile „reifen“ müssen. Der nächste Best Ager-Roman ist auch dabei. An Ideen mangelt es mir wirklich nicht. Allerdings bin ich kein Schnellschreiber. An einem Roman sitze ich monatelang und feile herum, bis ich zufrieden bin.

Vielen Dank für das Interview, Rotraut Mielke. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihren Büchern.

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