„Ein trolliger Urlaub“ von Heidrun Böhm

Am nächsten Morgen entschließen Inge und ich uns dazu, noch einmal mit unseren Männern zum Angeln zu fahren. In meiner Tasche befindet sich das Buch: Hundert Jahre Einsamkeit von Garcia Marques, eine Flasche Mineralwasser und meine Lesebrille.
Das Boot verlässt mit ruckartigen Bewegungen den Anlegesteg. Helmut fährt. Helmut hat den Bootsführerschein. Karl hat ihn auch. Aber Helmut weiß das nicht. Nach halbstündiger Fahrt am Fjord entlang, kommen wir an einer Angelstelle an. Die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himmel auf die Wälder und spiegelt sich im Wasser. Ein paar Möwen fliegen um unser Boot. Hier herrscht Ruhe…himmlische, erholsame Ruhe. Ich mache es mir bequem, und träume mich in den Wald. Das leise Schaukeln des Bootes, das Gluckern des Wassers…Erholung pur.
„Peng“, macht es neben mir. Die Männer legen ihre Angeln aus.
Es wird sicher ein gemütlicher Tag, denke ich und schließe die Augen. „Peng“, Helmut arbeitet weiter. Karl und er diskutieren darüber, wo die größten Fische sind und mit welchem Köder man sie bekommt. Inge sagt zum wiederholten Male: „Jetzt musst du aber auch einmal… „ Helmut macht „Peng“ und gibt seiner Frau keine Antwort.

Etwas hängt in der Luft. Die Möwen krächzen. Karl zündet sich die zwanzigste Zigarette an. Helmut macht „peng.“ Wir fahren weiter, denn das Echolot zeigt keine Fische und der Grund ist uneben, erklärt Karl. Inge darf das Boot fahren. Helmut überwacht Inges Fahrstil. Die Männer diskutieren darüber, an welchem Punkt auf der Seekarte man am besten angeln kann. Jeder will Recht haben. Petri Heil.
„Peng“, Karl zündet sich die einundzwanzigste Zigarette an. Inge und ich schweigen. Denken darf man ja. Nach weiteren dreißig Minuten Fahrt wird wieder geangelt. Karl zieht zwei große Dorsche aus dem Wasser. „Peng“, Helmut wendet das Boot und macht sich an den Angelruten zu schaffen.

„Kannst du das Boot übernehmen? Ich muss hier noch etwas erledigen. Aber fahr langsam an und wenn ich es sage, fahr schneller. Wir wollen zurückfahren. „

Karl verzieht keine Miene, aber ich sehe, er brodelt innerlich wie ein Schnellkochtopf auf höchster Stufe. Denn Helmut kommandiert Karl, der wie er denkt, keine Ahnung vom Bootfahren hat.
Nach einiger Zeit kommt die Anordnung:

„Schneller fahren! „

Karl legt los. Der Schnellkochtopf läuft über, das Boot macht einen mächtigen Ruck und Helmut stolpert über seine Angelrute. „Knacks“, macht es. Die Rute zerfällt in zwei Teile. Gleichzeitig platscht der Kot einer Möwe auf Helmuts Mütze. Mühsam rappelt Helmut sich hoch, und reinigt seine Mütze.

Inge, die in einer Frauenzeitschrift gelesen hat, hebt den Kopf: „Ist etwas passiert?“ fragt sie.

„Nein“, sagt Helmut. Karl sagt: „Ich kenne mich nicht gut aus mit dem Bootfahren.“

Schweigend fahren wir zurück zur Anlegestelle. Die Angeltour ist vorbei. Vom ersten „Peng“ bis zur fünfundzwanzigsten Zigarette sind fünf Stunden ins Land gegangen.
Inge und ich werden Morgen einen Spaziergang machen und schwimmen gehen. Weder sie noch ich wollen den größten Fisch an der Angel haben. Petri peng.