Interview mit der Autorin Ingrid Glomp

Ingrid Glomp

Ich freue mich, heute Ingrid Glomp zum Interview begrüßen zu können. Ingrid Glomp ist Journalistin, Autorin und Schreibdozentin.

Guten Tag, Ingrid Glomp.

Guten Tag. Vielen Dank für die Einladung!

Ein Thema, dass dich sehr interessiert, sind gefälschte Medikamente. Du hast dazu ein Sachbuch „Tödliche Imitate“ und einen Thriller „Ohne Skrupel“ geschrieben. Wie bist du auf dieses Thema aufmerksam geworden?

Wenn ich mich recht erinnere, habe ich zuerst in einer Pressemitteilung davon gelesen. Mir war natürlich bekannt, dass gefälschte Potenzmittel im Internet verkauft werden. Dass es aber Kriminelle gibt, die mit wirkungslosen Antibiotika, Krebs- oder Malariamitteln vor allem in der Dritten Welt Geschäfte machen, hatte ich davor noch nie gehört. Ich habe nach weiteren Informationen gesucht und war schockiert und empört, dass durch solche Machenschaften Menschen ums Leben kommen.

Ist das nur ein Problem unterentwickelter Länder oder gibt das auch bei uns?

Kurz gesagt: In Deutschland ist das Risiko extrem gering, wenn man in der Apotheke einkauft, aber nicht gleich null. Dieser Artikel aus der Süddeutschen aus dem Jahr 2013 enthält einige Informationen: http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gefaelschte-medikamente-sicherheit-fuer-die-pillenschachtel-1.1679516 Und hier ein aktueller Fall, wo ein gefälschtes Krebs- und Rheumamedikament zu wenig Wirkstoff enthielt: http://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/archiv-sicherheitsinformationen/2014/ablage2014/2014-09-09-warnung-manipulationen-mabthera.html
In Teilen Afrikas und Südostasiens ist das Problem dagegen erschreckend groß. Aber ganz gefeit ist man vermutlich nirgendwo auf der Welt. Wer mehr über das Thema wissen und nicht mein Büchlein kaufen möchte, dem empfehle ich meinen Artikel dazu: http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=33092550 und dieses recht aufschlussreiche Interview mit einer Expertin: http://ingridglomp.blogspot.de/2012/08/unterschatzte-gefahr-gefalschte.html (im Post etwas nach unten scrollen). Beide bilden auch den Kern meines Buchs, das eine erweiterte Fassung des Artikels ist und einige weitere, aktuellere Informationen enthält.

Als Journalistin schreibst du über Psychologie und Medizin in bekannten Zeitschriften. Das sind auch die Themen deines „Journalistenblogs“. Ist dieser Blog deine Antwort auf den Niedergang der gedruckten Zeitschriften? Oder siehst du den gar nicht?

Ich denke, viele Printmedien haben zu kämpfen, einige auch nicht. Das ist aber nicht der Grund, weshalb ich mein Blog eingerichtet habe. Mit all meinen Blogs – ja, ich habe drei, für jede meiner Tätigkeiten (Journalistin, Schreibdozentin, Krimiautorin) eines – verfolge ich zwei Ziele. Erstens möchte ich mich und meine Werke potentiellen Lesern und Auftraggebern vorstellen, damit sie sich ein Bild machen können, wer ich bin und wie und über was ich schreibe. Zweitens kann ich in den Blogs experimentieren, also Themen ausprobieren oder auch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.
Das Blog, das du ansprichst, ist also kein Ersatz für mögliche Veröffentlichungen in Zeitschriften, sondern eher eine Ergänzung, weil ich dort machen kann, was ich will, ohne Vorgaben und Einschränkungen.

Als Autorin schreibst du Krimis und Thriller. Ist das der Ausgleich zum „trockenen“ Wissenschaftsjournalismus“?

Ausgleich würde ich es nicht nennen, denn das würde ja bedeuten, dass der Journalismus mich anstrengt oder mir nicht so viel Spaß macht. Es ist eher so, dass ich mich nicht auf eine Sache festlegen mag und immer gerne Neues ausprobiere. Vor allem lerne ich gerne. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich etwas kann, drängt es mich, etwas anderes zu versuchen. Beim Journalismus bin ich nur so lange geblieben, weil ich mich immer wieder mit neuen Themen beschäftigen kann.
Da ich gerne Krimis lese, lag es nah, irgendwann auch selbst welche zu schreiben. Zwar recherchiere ich auch für diese Geschichten ziemlich viel, speziell für die Thriller, weil die in der realen Welt spielen und von echten Problemen wie gefälschten Medikamenten handeln. Aber oben über das Manuskript meines zweiten Thrillers habe ich dieses Zitat von James Patterson geschrieben: „Never let reality get in the way of a good story.“ Das heißt, wenn es in einem Land (etwa in Nigeria in meinem ersten Thriller) keine Stadt oder Landschaft gibt, genau so, wie ich es brauche, dann erfinde ich sie eben. Oder ein Hotel oder Restaurant – dann bekomme ich auch keine rechtlichen Probleme 😉 Auch Sprichwörter oder Flüche, die es angeblich in einer Fremdsprache gibt, denke ich mir bei Bedarf aus. Das tun zu können, ist für eine Journalistin, die sich immer streng an die Fakten halten muss, sehr erfrischend.

Außerdem arbeitest du noch als Schreibdozentin. Wer kommt in deine Workshops?

In meine Workshops kommen Wissenschaftler und Studenten oder andere Fachleute. Menschen also, die keine Schreibprofis sind und die lernen möchten, wie man gut und verständlich schreibt. Das passt sehr gut, weil ich beide Welten kenne: die der Wissenschaft, in der man korrekt und präzise formulieren muss, und die des Journalismus, in der man Sachverhalte ansprechend darstellen sollte, um Leser zu interessieren und nicht abzuschrecken.

Wie bist du als Biologin zum Schreiben gekommen?

Schon als Jugendliche habe ich davon geträumt, Journalistin zu werden. Oder gar, was mir aber kaum möglich erschien, einmal Krimis zu schreiben. Andererseits mochte ich auch Mathematik und die Naturwissenschaften sehr. Speziell Biologie hat mich fasziniert. Deshalb habe ich mich zunächst für eine Laufbahn als Wissenschaftlerin entschieden. Dann wurde ich Mutter und ich konnte bei Freundinnen und Kolleginnen beobachten, dass Frauen (erst recht mit Kindern) in der Forschung einen schweren Stand haben. Zudem bekam man nur Zeitverträge und ich hatte keine Lust, irgendwann, vielleicht mit 40, ohne Job dazustehen.
Also beschloss ich, es noch einmal mit einem Traumberuf zu versuchen, und wurde freie Journalistin (und zu Anfang auch Übersetzerin), und zwar für wissenschaftliche Themen. Ich habe das keinen Tag bereut. Das Leben als Freiberuflerin ist zwar nicht ohne finanzielle Risiken, aber ich kann selbstbestimmt arbeiten und mich ständig neu erfinden, was mir sehr entgegenkommt.
Das Schreiben selbst habe ich „by doing“ gelernt, indem ich zum Beispiel geschaut habe, was die Redakteure verändert haben, durch einige Kurse, etwa an der Akademie der Bayerischen Presse, und vor allem, indem ich ganz viel über das Schreiben gelesen habe. Letzteres tue ich übrigens immer noch.

Deine Bücher veröffentlichst du zum großen Teil als Self-Publisher. Kannst du das jedem empfehlen oder gibt es Autoren oder Bücher, die bei einem Verlag besser aufgehoben wären?

Diese Frage lässt sich pauschal schlecht beantworten. Was ich jedem raten würde, ist:
1. sich gut über die Verlagswelt, das Self-Publishing und speziell über Verwertungsrechte zu informieren (exklusiv, unbefristet vs. befristet usw.),
2. sich zu überlegen, was einem wichtig ist, was man will und was nicht, und
3. Verträge immer genau zu lesen, wenn einem etwas nicht gefällt zu versuchen, diese Punkte im Vertrag zu ändern, und wenn das nicht möglich ist, bereit zu sein, einen Vertrag abzulehnen.

Man sollte für sich klären: Ist das Schreiben ein Hobby oder will ich damit meinen Lebensunterhalt verdienen? Bei mir ist Letzteres der Fall. Das bedeutet: Ich muss kaufmännisch denken. Deshalb habe ich mich für das Self-Publishing entschieden, denn dort bekommt man deutlich mehr Geld pro verkauftem Buch als von einem Verlag. Außerdem geht das Veröffentlichen erheblich schneller, als wenn ich erst einen Agenten suche und der wieder einen Verlag, der das Buch dann erst ein oder zwei Jahre später herausbringt.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für mich ist, dass ich über alles die Kontrolle habe: den Text (ich kann veröffentlichen, was ich will, zum Beispiel einen internationalen Thriller, obwohl Verlage es bei Krimis regional mögen), den Titel, das Cover, den Klappentext, den Preis und so weiter. Das bedeutet nicht, dass ich alles selbst machen muss. Ich kann zum Beispiel jemandem mit dem Lektorat, dem Korrektorat oder der Covergestaltung beauftragen. Ja, das muss ich bezahlen, aber ich betrachte es als Investition. (Wenn das Schreiben ein Hobby ist, hat man wahrscheinlich andere Prioritäten.) Das Entscheidende ist: Ich habe erstens das letzte Wort und zweitens kann später immer wieder etwas ändern, zum Beispiel das Cover oder den Klappentext. Ich bin außerdem für die Werbung zuständig, aber da unternehmen Verlage, außer bei Spitzentiteln, auch nicht viel. Verlagsbücher kommen etwas leichter in den Buchhandel, doch möglich ist das auch für Self-Publisher.
Trotzdem habe ich Anfang des Jahres einige Kurzkrimis für einen Festbetrag an einen polnischen Verlag verkauft für zwei Bücher zum Deutschlernen. Das konnte ich, weil ich sämtliche Verwertungsreche besaß. Einige davon habe ich nun befristet abgetreten. Auch mir erscheint es also in bestimmten Fällen sinnvoll, ein Buch bei einem Verlag herauszubringen.
Zugreifen sollte man natürlich, wenn ein Verlag einen Vorschuss von mehreren Millionen zahlt, wie bei Hillary Clinton (man munkelt, es waren 14 Millionen Dollar). Im Ernst: Wenn ich als Starautor einen sehr hohen Betrag vorweg erhalte, braucht es mich nicht zu kümmern, wenn das Honorar pro Buch gering ausfällt und ich eventuell auf sämtliche Verwertungsrechte auf immer und ewig verzichte.
Schließlich haben Verlagsbücher in bestimmten Kreisen (Buchhandel, Kritiker, Preiskomitees) meist einen besseren Ruf. Wenn mein Geschäftsmodell also darin besteht, von Preisgeldern, Lesungen im Buchhandel und Ähnlichem zu leben, ist ein Verlag wohl ebenfalls die bessere Wahl. Den Lesern ist es nach meiner Erfahrung gewöhnlich egal, wo ein Buch erschienen ist, oder sie wissen gar nicht, was Self-Publishing ist. Buch ist für sie Buch. Allenfalls fragen sie, ob es eine Printversion gibt, und manchmal, ob ein Buch im Buchhandel erhältlich ist.
Tut mir leid, dass diese Antwort so lang ausgefallen ist. Aber es gibt einfach unheimlich viele Aspekte bei diesem Thema, die man beachten sollte.

Wie bekommst du deine drei Tätigkeiten unter einen Hut? Hast du ein ausgereiftes Zeitmanagement?

Ha, „ausgereift“ würde ich es nicht nennen. Ich mache mir natürlich einen Plan. Meist gibt es einige feste Termine, für die Workshops zum Beispiel oder Deadlines für Artikel. Die entsprechenden Vorbereitungen beziehungsweise die Arbeit daran plane ich fest ein, weil diese Dinge unmittelbar Geld einbringen. Darum herum arrangiere ich meine übrigen Aufgaben, zum Beispiel das Schreiben von Büchern oder Werbung. Manchmal halte ich mir auch bewusst einige Wochen frei. Und ich arbeite gerne mit Listen, etwa von Projekten, die ich in der Mache habe oder irgendwann beginnen möchte. Wenn ich mich nachmittags beispielsweise nicht mehr mit einem Artikel befassen mag, habe ich genug anderes aufgelistet, womit ich mich beschäftigen kann: für ein Buch recherchieren, einen Newsletter für meine Leser schreiben, einen Blogpost oder die Datei für ein E-Book formatieren.

Hast du noch Zeit für Hobbys?

Ja. Zwar nicht so furchtbar viel, aber wie man hoffentlich aus meinen Antworten herauslesen kann, ist die Arbeit auch ein Hobby, zumindest teilweise. Sprich, die Grenzen verschwimmen. Ich lese natürlich sehr gerne. Dann gehe ich dreimal die Woche ins Fitness-Studio. Das ist ein guter Ausgleich zu meiner sitzenden Tätigkeit. Wenn ich Gelegenheit habe, schwimme ich gerne. Reisen ist etwas, das in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist und das ich in Zukunft gerne mehr tun möchte. Was mit außerdem Spaß macht, ist Neues zu lernen. Dafür sind MOOCs (Massive Open Online Courses) genial, die in den letzten Jahren aus dem Boden beziehungsweise dem Internet sprießen.

Arbeitest du schon an einem neuen Buch? Fachbuch oder Krimi?

Ja 😉 Sprich: Ich schreibe – schon viel zu lange – an meinem zweiten Cori-Stein-Thriller, der hoffentlich im nächsten Jahr fertig wird. Der Plot steht und schätzungsweise 50 Prozent der ersten Fassung. Ich bin in den letzten Wochen wegen Workshops und Artikeln nicht dazu gekommen, aber Ende des Jahres habe ich Zeit dafür eingeplant. Außerdem habe ich mehrere kleine Schreibratgeber angedacht und teilweise schon geschrieben.

Vielen Dank für das Interview, Ingrid Glomp. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg für deine verschiedenen Aktivitäten.

Herzlichen Dank! Und danke auch für die interessanten Fragen.

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