Interview mit der Autorin und Lektorin Susanne Pavlovic

Susanne Pavlovic

Heute habe ich die Autorin und Lektorin Susanne Pavlovic zum Interview zu Gast. Wenn sie nicht gerade anderer Leute Bücher lektoriert, schreibt Susanne Pavlovic Fantasy-Romane.

Guten Tag, Susanne Pavlovic.

Demnächst wird dein neuster Roman, der Fantasy-Zweiteiler »Feuerjäger« erscheinen. Kannst du uns kurz etwas darüber erzählen?

„Feuerjäger“ ist ein Projekt, das mich über beinahe zwanzig Jahre begleitet hat – von der Grundidee über viele einzelne Texte und Motive bis hin zum fertigen Text. Es fällt in die Rubrik „epische Fantasy“, also Fantasy, die wie „Herr der Ringe“ ohne einen Bezug zur realen Welt auskommt. Hauptfigur ist Krona, eine Soldatin, die aus dem Militärdienst ausgeschieden ist und Geld braucht, um über den Winter zu kommen. Bei einem Auftragsabenteuer richtet sie unwissentlich etwas ziemlich Übles an und braucht dann etwa 1500 Seiten und die Hilfe einer bunten Gefährtengruppe, um den Schaden wieder zu beheben. Es ist eine klassische Fantasygeschichte mit Monstern, Zauberei, Schwertkampf, Abenteuern und Rätseln, und es gibt auch etwas fürs Herz.

Feuerjäger

Band 1 ist zur Leipziger Messe am 12.03. erschienen, Band 2 erscheint Ende
März und ist bereits vorbestellbar. Der Zweiteiler beinhaltet eine in sich
abgeschlossene Geschichte, man muss also nicht auf Band 3 warten, um das
Ende zu erfahren.

Wie bist du dazu gekommen, ausgerechnet Fantasy-Romane zu schreiben?

Ich habe Anfang der 90er Jahre den „Herrn der Ringe“ in die Finger bekommen, und der hat mein Leben gewaltig umgekrempelt. Ich entdeckte die vielen Varianten des Fantasy-Rollenspiels für mich, später kamen Sci-Fi-Lieblingswelten wie Star Trek hinzu. Man könnte sagen, ich habe die 90er Jahre abwechselnd auf Mittelerde und auf dem Raumschiff Enterprise verbracht – das hat seine Spuren hinterlassen. Ich habe auch schon Non-Fantasy geschrieben, aber der Fantasy in all ihren Spielarten gehört mein Herz.

Deine beiden ersten Fantasy-Romane hast du als Self-Publisher herausgebracht. Sie sind mit dem Qindie-Label »verziert«. Bringt das was?

Schwierige Frage. Die Qindies sind ja angetreten, um dem Leser ein „Qualitätssiegel“ für professionell gestaltete Publikationen zu bieten, eine Orientierung in der Masse an E-book-Publikationen, die ja oft von sehr zweifelhafter Qualität sind. Ich würde beinahe befürchten, dass die Marktdurchdringung seitens der Leserschaft noch zu wünschen übrig lässt – mit anderen Worten, ich habe noch nie einen Leser getroffen, dem das Qindie-Siegel ein Begriff war. Trotzdem halte ich die Initiative für sinnvoll, weil sie den Selfpublishern ins Gedächtnis ruft, dass es gewisse Schritte in der Qualitätssicherung gibt, die man nicht auslassen darf, wenn man ein professionelles Produkt auf den Markt bringen will – und professionell muss es sein, sobald man dafür Geld verlangt.
Insofern – ich glaube nicht, dass ich durch das Qindie-Siegel mehr Bücher verkaufe, aber ich finde die Initiative gut und wichtig, weil sie insgesamt zu mehr guten Publikationen im SP führt.

Würdest du deine Bücher auch gerne über einen Verlag herausbringen oder ist dir das Self-Publishing lieber?

Ich mag die Mischung. Spielmannslied und Sternenritter, meine beiden SP-Projekte, lasse ich gerne im SP laufen, weil ich damit auch mehr Freiheiten habe, mich auszuprobieren. Feuerjäger ist im Amrûn-Verlag erschienen, einem wunderbaren, sehr professionellen Indie-Verlag. Der Verleger Jürgen Eglseer bewegt sich seit vielen Jahren in der Buchbranche, kennt unglaublich viele Leute und hat Möglichkeiten, die ich als Selfpublisherin niemals hätte. Wir haben die Feuerjäger auf der Leipziger Buchmesse der Öffentlichkeit präsentiert – davon hätte ich als Selfpublisherin nur träumen können. (Es war ein Knaller. Wir waren tatsächlich ausverkauft.) Jürgen setzt sich enorm für das Projekt ein und erreicht sehr viel, und dafür bin ich sehr dankbar. Ganz davon zu schweigen, dass es ein wunderschönes Gefühl ist, zu einer „Verlagsfamilie“ zu gehören und so großartige Kolleginnen / Kollegen zu haben. Das Schreiben ist als Geschäft schon einsam genug, da ist der kollegiale Austausch umso wichtiger.

Lektorierst du deine eigenen Bücher selber oder hast du auch einen Lektor?

Ich lese meine eigenen Texte sehr kritisch und kann aufgrund meiner Erfahrung im Lektorat sicher mehr zum Guten ändern als ein/e Autor/in, dem/der diese Erfahrung fehlt. Ich arbeite aber trotzdem mit einer Lektorin zusammen, denn die „Betriebsblindheit“ den eigenen Text betreffend macht auch vor meinen Augen nicht halt.

Bearbeitest du als Lektorin alle Genres? Kann man das überhaupt?

Ja, tu ich, und ja, kann man. Letztendlich sind alle Genres eines: Belletristik, unterhaltende Literatur, und die folgt den gleichen Regeln, sei es nun ein heiterer Frauenroman oder ein Thriller. Wir brauchen einen tragfähigen Konflikt, authentische Figuren, wir brauchen eine saubere Spannungskurve und einen gezielten Einsatz von Schreibtechniken. Auf der Stilebene brauchen wir eine konsequente Erzählstimme, eine Sprache, die nicht zu viel will und gleichzeitig nicht zu trivial ist, und wir brauchen natürlich Sprachrichtigkeit. Natürlich gibt es Unterschiede in den Genres: Einen Thriller muss ich schneller erzählen, ich brauche mehr Cliffhanger und vielleicht mehr Wendungen. Einen Liebesroman kann ich ruhiger erzählen. Aber die Gemeinsamkeiten überwiegen die Unterschiede bei weitem.

Was liest du selber gerne?

Sachbücher. Ich weiß, das kommt jetzt überraschend 🙂
Ich habe da einen Mechanismus: Hast du eine Frage, lies ein Buch. Problem? Lies ein Buch. Weißt du nicht weiter? Buch. In meiner kleinen Welt steht die Antwort auf alle Fragen irgendwo in einem Buch.

Auf deiner Webseite habe ich gelesen, dass du Germanistik studiert und dann als Deutschlehrerin – was ja naheliegend ist – aber auch als Pferdepflegerin und Telefonfee gearbeitet hast. Das sind ja nun sehr unterschiedliche Tätigkeiten. Wie ist es dazu gekommen?

Das war die Jagd nach dem finanziellen Auskommen bei gleichzeitiger Vermeidung des Taxifahrens. Ich bin ja eine studierte Fachgermanistin, habe also kein Staatsexamen, sondern einen Magister, und hatte deshalb in Privatschulen und „schulähnlichen“ Bildungseinrichtungen oft Zeitverträge über einen Kurs oder ein Schuljahr. Die Kollegin „ohne Examen“ ist aber immer die Erste, deren Vertrag nicht verlängert wird, vor allem, wenn so viele arbeitslose Junglehrer von den Universitäten nachdrängen. Als Alleinerziehende war auch immer die Vereinbarkeit von Broterwerb und Familie ein großes Thema für mich – viele Jobs habe ich nicht nach ihrem Inhalt ausgesucht, sondern danach, ob sie mit den Kindergartenzeiten korrespondierten. In diesen Jahren war ich schon nebenberuflich als Lektorin tätig, und als ich merkte, wie dringend in SP-Kreisen kompetente, zuverlässige Dienstleister gesucht werden, war der Weg in die freiberufliche Selbständigkeit klar.
Na ja – und eigentlich bin ich ja ein Pferdemädchen … Ich habe einen Großteil meines Studiums mit Stallarbeit, Reitunterricht und der Betreuung von Pferden verdient. Das waren noch Zeiten. Hach ja.

Hast du Hobbys, außer lesen 🙂

Ich teile die Hobbys meines Hundes: Essen, Spazierengehen und Schläfchen auf dem Sofa, gerne untermalt durch eine Hunde-Erziehungs-Sendung im Fernsehen. Ansonsten lese ich außerberuflich doch deutlich weniger, als man mir gemeinhin unterstellt. Ich habe Jahre nach dem Motto verbracht: „Das Bisschen, was ich lese, schreibe ich mir schon selbst.“

Was möchtest du uns sonst noch erzählen?

Ich würde mir wünschen, es gäbe in der Unterhaltungsliteratur allgemein mehr Kronas und weniger Bellas. Nicht nur, weil ich meine Heldin super finde (natürlich tu ich das), sondern vor allem, weil ich der Überzeugung bin, dass Dinge auf eine gewisse Art real werden, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Man sieht das beispielsweise an dem schlechten Image von Hartz-IV-Empfängern, das durch das gebetsmühlenartige Wiederholen immer der gleichen Unterstellungen in den Medien eine traurige Relevanz gewonnen hat. Bekommt eine junge Leserin also nur oft genug Frauenfiguren vorgesetzt, die durch Zurückhaltung, Schüchternheit, Unsicherheit und das konsequente Bemühen, möglichst wenig Platz wegzunehmen, erfolgreich sind (und Erfolg bemisst sich hier an der erfüllten Romanze mit dem „Alphamann“), dann wird das über kurz oder lang die Lebenswirklichkeit der Leserin beeinflussen – je jünger die Leserin ist, umso wahrscheinlicher wird das passieren. Besonders gefährlich ist dieser Trend, weil junge Frauen diese Prägung zumeist nicht mal bemerken – ich kenne keine junge Frau, die sich selbst als schüchtern und dem Mann unterlegen bezeichnen würde oder sich so fühlt, als bräuchte sie einen Mann, der ihr Leben ordnet. Gleichzeitig kenne ich aber sehr, sehr viele junge Frauen, die sich konsequent runterhungern („möglichst wenig Raum einnehmen“) und zögern, Karrieremöglichkeiten zu ergreifen („Kann ich das überhaupt?“ „Ist das mit meiner Partnerschaft / Familie vereinbar?“). Ich bemühe mich, dagegen anzuschreiben. Meine Frauenfiguren, allen voran Krona, sollen eine weibliche Unbekümmertheit zeigen, eine Lust, sich auszuleben und auszuprobieren, Raum einzunehmen, präsent zu sein, unübersehbar und unverwechselbar und einzigartig und großartig zu sein. Und ich wünsche mir in der Literatur und im Leben noch viel mehr solche Frauen.

Vielen Dank für das Interview, Susanne Pavlovic. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Projekten.

3 Gedanken zu „Interview mit der Autorin und Lektorin Susanne Pavlovic

  1. Sarah Maria

    Ein tolles Interview: Es macht richtig Lust den Roman bzw. die Romanreihe zu lesen. – Vor allem die Schlussantwort. 🙂

    Liebe Grüße,
    Sarah Maria

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Sarah Maria,

      freut uns natürlich, dass dir das Interview gefallen hat 🙂 Eine wehrhafte weibliche Hauptfigur in einem Fantasy-Roman ist wirklich eine Seltenheit.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

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