Interview mit dem Autor Tim Vogler

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 Credit: Benno Kraehahn

Mein heutiger Interview-Gast schreibt eine Mischung aus Thriller und Dystopien.

Guten Tag Tim Vogler.

Zuletzt ist dein Thriller „Nächte der Toten“ erschienen. Erzähl uns doch etwas darüber.

»Nächte der Toten« ist das zweite Buch meiner Metropolis-Reihe, in der ich aus Berlin eine monströse Mega-City gemacht habe. Eine brutale Mordserie wird mit einer politischen Intrige nie da gewesenen Ausmaßes vermischt, ein Untergrundkrieg bricht aus. Da in diesem Berlin Metropolis die Stadt in spezielle Teile abgetrennt und diese »Kulissenstädte« die Vergangenheit für die Touristen aus aller Welt aufleben lassen, gerät die Jagd nach den Mördern und Intriganten bunt und vielschichtig. Es ist so viel los in dem Buch, dass ich im letzten Jahr den Veröffentlichungstermin abgesagt und noch einmal sechs Monate daran gearbeitet habe. Ich wollte, dass es wirklich alleine stehen und trotz der Komplexität auch von Lesern verschlungen werden kann, die beim Lesen nicht so gerne viel nachdenken und im Wesentlichen gut unterhalten werden möchten.

Wenn man sich die Rezensionen durchliest, scheint das geklappt zu haben …

Ich denke auch und das freut mich sehr. Das Leserfeedback war von Anfang an sehr gut. In den Tagen nach der Veröffentlichung habe ich dann auf Lovelybooks eine Leserunde mit zumeist weiblichen »Vielleser*innen« gemacht. Ich war nervös und habe befürchtet, dass sie mir das Buch um die Ohren hauen, weil es etwas mehr Gas gibt als »herkömmliche« Thriller, aber das Gegenteil war der Fall. Einige waren am Anfang zwar kurz wie erschlagen, weil es so viele Aspekte und Perspektiven gibt, aber sie konnten einfach nicht aufhören zu lesen 😉

Dein Debüt war der Thriller „Stunde der Rache“, der auch zu der „Metropolis-Reihe“ gehört. Warum war das Jahr 2049 für deinen Roman interessanter als die Gegenwart?

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Ich habe zu der Zeit als Chefredakteur für ein Magazin gearbeitet, das sich mit den möglichen Zukünften unserer Gesellschaft auseinandergesetzt hat. Neue Entwicklungen sind spannend, lösen aber oft Ängste aus. Klimawandel, neue Technologien, die uns Menschen eventuell überlegen sind, Krisen und Kriege stellen uns vor so große Herausforderungen, dass wir oft wegsehen wollen. Ich habe versucht, ein paar Entwicklungen weiter zu denken und die Welt bei einem »Neustart« nach der »Großen Katastrophe« zu zeigen. Das ist die politische Dimension, die zum Nachdenken anregen soll. Die Krimihandlung und reichlich Mord und Totschlag garantieren hoffentlich gute Unterhaltung.

Ursprünglich warst du ja Musiker. Wie bist du von da zum Schreiben gekommen?

Damals habe ich als Musikproduzent und Komponist gearbeitet. Mein Compagnon und ich waren noch recht jung, als wir für eine CD-Reihe große Produktionen mit Sinfonieorchester durchführen mussten, die uns alles abverlangt, aber auch nach großer Karriere gerochen haben. Wie immer, wenn es um viel geht, gab es ab einem gewissen Punkt viel Druck und Streit. Irgendwann sind mein Partner und ich quasi gefeuert worden. Ich hatte gerade (nebenher) mein Diplom gemacht und war in eine größere Wohnung gezogen. Mit einem Mal war mit der Karriere auch der Stress weg und ich bin jeden Tag durch den Hamburger Stadtpark spaziert. Ich habe angefangen, eine Kurzgeschichte zu schreiben, die immer länger wurde. Ich habe nach einigen Tagen gedacht, dass es vielleicht eine Novelle wird. Irgendwann war mir klar, dass ich meinen ersten Roman schreibe. Seitdem habe ich die Musik quasi an den Nagel gehängt und schreibe stattdessen. Das war 2003, langsam finde ich meinen Weg.

Während der Recherche für dieses Interview war ich erst einmal verwirrt. Die Bücher deiner Metropolis-Reihe tauchen unter verschiedenen Namen auf, je nachdem, ob man auf deinem Blog oder bei Amazon nachschaut. Ein Zeitproblem oder was steckt dahinter?

Die unterschiedlichen Namen kommen daher, dass ich »Nächte der Toten« erst unter einem anderen Namen veröffentlicht habe. Nach einigen Tagen habe ich gemerkt, dass der Titel überhaupt nicht funktioniert, und habe ihn geändert. Das war ziemlich aufregend, aber letztendlich die richtige Entscheidung. Da ich mich auf meinem Blog »ungeschönt« und quasi in Echtzeit über mein Schreiben auslasse, finden sich dort noch die Spuren des alten Titels. Auch wenn es verwirrend ist, habe ich mich nie bemüht, nachträglich dort Kosmetik zu betreiben.

Warum hast du dir ausgerechnet Berlin als Schauplatz deiner Reihe ausgesucht?

Weil ich in Berlin lebe und die Stadt mich in vielerlei Hinsicht inspiriert. Berlin ist lebendig und kaputt, schön und hässlich gleichzeitig. Man merkt die Geschichte noch, die wilden 20er Jahre ebenso sehr, wie die Diktaturen und ihre Verbrechen. Ich habe alles in meinen Büchern zusammengebracht, weil es für meinen Stoff die perfekte Kulisse bot.

Hast du einen Lieblingsplatz zum Schreiben?

Witzigerweise habe ich die letzten Bücher beim Spaziergehen geschrieben. Mit Zettel und Stift, ganz klassisch. Meistens war ich so inspiriert, dass ich ein Kapitel fertig hatte, bevor ich zur nächsten Straßenecke gekommen bin. Alle zwei Meter bin ich stehen geblieben und habe geschrieben.
Mittlerweile schreibe ich am liebsten in unserem Wintergarten mit malerischem Blick zur Spree.

Gibt es einen Autor, den du als Vorbild betrachtest?

Kein ganz Klares, aber ich bewundere, wie Stephen King Unterhaltung, Schrecken und literarischen Qualität zusammenbringt. Bücher wie »Es« haben mich schon früher sehr fasziniert. Seine Autobiografie fand ich zudem so spannend und stark, dass ich ihn hier nennen möchte.

Bist du in einer oder mehreren Autorengruppen oder arbeitest du lieber alleine?

Ich bin bei den fantastischen BartBroAuthors und war davor in anderen Gruppen. Es ist gut, Wissen auszutauschen, vor allem, wenn es um Marketing und so geht. Zum Schreiben brauche ich niemanden. Im Gegenteil, ich weiß schon länger, dass ich eigentlich das Internet, so weit es geht, ausschalten müsste, um besser zu schreiben. Andererseits muss man in der Kommunikation mit den Lesern bleiben und die Bücher anpreisen. Diesbezüglich suche ich noch nach meinem Weg, zumal ich seit der Geburt meines kleinen Sohnes noch weniger Zeit habe und fokussierter arbeiten muss.

Schreibst du schon an einem neuen Buch?

Ja, ich habe im November Metropolis III in erster Fassung geschrieben und schreibe derzeit einen »normalen« Thriller. Ohne Zukunft, Politik und Klimbim 😉

Möchtest du den Leser*innen sonst noch etwas erzählen?

Ich möchte ihnen sagen, dass ich jeden Tag dankbar bin, wie viel noch gelesen wird. Vor einiger Zeit hieß es, dass Bücher aussterben und die Leute wegen Internet und Filmen nicht mehr lesen werden. Das Gegenteil ist denke ich der Fall. Die Leute lesen und werden auch in Zukunft lesen. Das finde ich wichtig, weil Bücher uns bilden und unsere Vorstellungskraft schulen. Ich glaube wirklich daran, dass Bücher die Welt besser machen, daher bin ich so froh, dass so viel gelesen wird.

Vielen Dank für das Interview Tim Vogler. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.