Interview mit der Kinderbuch-Autorin Antje Hansen-Käding

Antje Hansen-Käding

Heute kann ich mit Antje Hansen-Käding wieder eine Kinderbuchautorin zum Interview
begrüßen.

Guten Tag, Antje Hansen-Käding.

Du hast schon eine ganze Reihe von Büchern für Kinder im Grundschulalter
herausgebracht. Wie kommst du zu den Ideen für die Geschichten?

Oft durch Bilder. Z.B. entstand die Idee zu meiner Seehundgeschichte bei einer
Schiffsfahrt an der Nordsseeküste. Ich sah eine gelbe Tonne und dachte sofort: Post für
die Seehunde.
Für die Wolkengeschichten haben mich natürlich Wolken inspiriert. Ich habe Hunderte
fotografiert.
Bei meinem ersten Buch (PC-Abenteuer: Hallo, Lena, ich bin Mac!) habe einfach
drauflos geschrieben – nicht das erste Mal – aber diesmal ist mir immer eingefallen, wie
es weitergehen kann..
Wenn mir meine »Helden« schon vertraut sind, z.B. bei den Hasengeschichten, dann
stelle ich mir vor, was sie so erleben könnten.

Deine Bücher illustrierst du meist selber mit Zeichnungen oder Fotografien. Das ist
sicher eine Menge Arbeit. Wie lange arbeitest du an einem Buch?

Das kommt natürlich auf die Länge an. Meine Geschichten von Hasen, Mäusen usw.
haben meist so 1500 Wörter und fünf bis sechs Bilder. Erst entwerfe ich den Text. Das
zieht sich über mehrere Tage hin. Dabei überlege ich schon die Illustrationen. Deren
Fertigstellung dauert ebenfalls mehrere Tage. Nachdem die Bilder eingefügt sind, folgt
der »Feinschliff«: Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik, sachliche Richtigkeit;
passen alle Audrücke, kann man sich alles gut vorstellen, kann ich die Spannung noch
erhöhen, gibt’s genug zu lachen …
Vier Wochen sind es mindestens.
Bei längeren Texten kann es schon mehrere Monate dauern.

Auf deinem Blog stellst du Kinderbücher anderer Autoren vor. Nach welchen Kriterien
suchst du diese Bücher aus?

Z.T. sind es Bücher, die ich oft in der Grundschule vorgelesen habe und die den Kindern
gut gefallen haben. Diese Bücher müssen spannend und witzig sein, es muss immer
wieder etwas passieren, damit die Aufmerksamkeit nicht wegbricht. (Viele Kinder kennen das Vorlesen von zu Hause nicht.) Da passten z.B. die Bücher von Roald Dahl
prima.
Mir ist auch wichtig, dass die Bücher den Horizont der Kinder erweitern: Sie zeigen
ihnen, wie vielfältig das Leben ist. Sie bieten ihnen Verhaltensmodelle, fördern
Einfühlungsvermögen, regen zum Beobachten und Experimentieren an, sie informieren –
und Spaß sollen sie auch machen!
Ein weiteres Kriterium sind schöne Illustrationen.
Ich kann es so zusammenfassen:
Gute Kinderbücher machen mutig und neugierig aufs Leben.
Sie zeigen Verhaltensmodelle und fördern Verständnis für andere.
Sie machen klug und stark, ohne zu belehren und zu moralisieren.
Sie sind spannend und machen Spaß.

Viele Leute meinen ja, dass die Kinder heute nicht mehr so viel lesen bzw. vorgelesen
bekommen. Kannst du das bestätigen?

Ja, leider. Die Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben (statt sie sinnvoll zu füllen), sind
deutlich vielfältiger geworden. Das Kind kann wählen, und vieles ist kurzweiliger als
lesen. Uns Erwachsenen geht es ja nicht anders! Man muss sich nur mal klarmachen,
wie viel Zeit man am PC in Netzwerken verbringt.

Wenn eine Mutter oder ein Vater nicht so gut vorlesen kann, soll sie bzw. er es dann
lieber lassen?

Auf keinen Fall! Gerade bei den kleinen Kindern kommt zum Vorlesen ja noch das
Sprechen über die Geschichte und die Bilder dazu – ein ganz wichtiger Austausch in
kuscheliger Stimmung.

Was sagst du als ehemalige Grundschullehrerin und Kinderbuchautorin zu Comics?

Ich kann an Comics nichts Verwerfliches finden und denke gerne an meine Micky-MausZeit
in den 50er Jahren zurück.Für Kinder, die noch nicht so gut lesen können, sind sie z.B. eine Möglichkeit, sich in ein
Buch zu vertiefen. Comics können genauso die von mir oben genannten Merkmale
erfüllen.

Ein Buch hast du auch für Erwachsene geschrieben – eine ziemlich makabre Satire.
Kannst du uns kurz etwas dazu erzählen?

Wie weit sind wir im 21. Jahrhundert entfernt von den römischen Gladiatorenspielen,
von Hexenverbrennungen, von öffentlichen Hinrichtungen? Ich denke, nur Millimeter!
(Gerade die Ereignisse in den letzten Monaten mit dem IS-Staat zeigen, wie schnell
Ziviliation und Kultur überrollt werden.)
Ich habe diese Frage in meiner Satire durchgespielt.
Im Namen der Gerechtigkeit werden »Verbrecher« öffentlicher Verurteilung und
Hinrichtung ausgesetzt. Das Publikum wird von Showmastern geführt – eher manipuliert
– und macht begeistert mit, und das Showprogramm tritt die Menschenwürde mit Füßen.

Du bist Mitglied im Forum »Buch auf Reisen«. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Man hat ein tolles Buch geschrieben, man veröffentlicht es als Ebook oder auch
gedruckt – aber wie macht man es bekannt?
Fred Lang hatte vor einigen Jahren die Idee zu diesem Forum.
Man stellt sein Buch vor, jemand lädt es zu sich ein, es reist per Post oder als pdf, man
erhält eine Rückmeldung und evtl. auch eine Rezension.
Es sollte selbstverständlich sein, dass man selbst dann auch ein Buch einlädt. Leider
pflegen das nicht alle.
Gedichte, kurze Texte, Erinnerungen kann man dort in der Rubrik »Musenküsse« posten.
Zwei Anthologien sind davon auch schon veröffentlicht. Vielfach entwickelt sich ein reger
Austausch.

Wenn du noch mal jung wärst, würdest du wieder Grundschullehrerin werden oder lieber
gleich Kinderbuchautorin?

Ohne die Arbeit mit den Kindern wäre ich wohl gar nicht auf die Idee gekommen,
Kinderbücher zu schreiben. Da ich ihnen meine Geschichten vorgelesen habe, bekam
ich natürlich auch sofort eine Rückmeldung. Das war sehr wichtig für mich.

Arbeitest du schon an einem neuen Buch?

Nein. Ich habe allerdings schon Ideen für ein drittes PC-Abenteuer.

Was möchtest du uns sonst noch erzählen?

Ich danke herzlich für die Einladung zu diesem Interview!

Vielen Dank für das Interview, Antje Hansen-Käding. Ich wünsche dir weiterhin viel
Erfolg mit deinen Büchern.

5 Gedanken zu „Interview mit der Kinderbuch-Autorin Antje Hansen-Käding

  1. Christine Kayser

    Hallo, guten Tag liebe Lese-und Schreibfreunde
    Zu Antje Hansen-Käding: Das Interview mit ihr hat mir sehr gut gefallen.
    Ich habe es zwei mal gelesen, damit es besser „sackt“.
    Sie ist nicht nur eine bemerkenswerte Kinderbuchautorin, sondern auch ein besonders hilfsbereiter Mensch und Moderatorin in der Gruppe von unserem tollen Moderator, Fotograf und mehr, Fred Lang, der voller Herzblut viel bewegt, Beispiel: BaR- Buch auf Reisen, Freds schräge Seiten und mehr. Das würde jetzt Seiten füllen. Hier gibt es lauter so interessante Akteure.
    Überhaupt gibt es in dem Forum viel Spaß, Informatives und Lehrreiches.
    Wir tauschen uns gegenseitig aus, geben Anregungen, diskutieren, rezensieren.
    Hier zählen andere Werte. Leben, Freizeit und Zeit werden sinnvoll genutzt.
    Schon als Kind war ich eine Leseratte, als ich mal nichts zu lesen hatte, las ich durch den Duden, begriff in wenigen Minuten.

    Viele Grüße von Christine Kayser
    Lese-und schreibbesessene

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Christine,

      es freut Antje und mich natürlich, dass dir das Interview so gut gefallen hat 🙂
      Euer Projekt „Buch auf Reisen“ ist auch recht interessant. Ich habe letztens mal kurz rein geschaut. Zu mehr fehlt mir im Moment die Zeit.
      Vielleicht magst du (oder jemand anders aus eurer Gruppe) ja als Gastautorin etwas zu diesem Projekt schreiben? Dann meldet euch einfach bei mir.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

  2. Claudia Dieterle

    Hallo Ann-Bettina,
    schönes Interview. Ich lese selbst gerne und habe meinen Kindern von Anfang viel vorgelesen. Beide lesen gerne bzw. lassen sich noch vorlesen.
    Das hat schon einen großen Einfluss auf das Leseverhalten der Kinder.
    Viele Grüße
    Claudia

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Claudia,
      ich glaube auch, dass das Vorbild der Eltern viel ausmacht. Wenn Kinder zu Hause nicht lernen, dass Bücher interessant sind …
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

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