Interview mit der Autorin Jutta Wilke

JuttaWilke

Heute habe ich eine Kinder- und Jugendbuchautorin zu Gast.

Guten Tag Jutta Wilke.

Vorigen Monat ist dein neuestes Kinderbuch „Mein dickes Geschichtenbuch für die 3. Klasse“ herausgekommen. Erzähl uns doch etwas darüber.

Liebe Ann-Bettina, da muss ich gleich etwas richtig stellen. Das Geschichtenbuch ist nicht alleine von mir und es ist auch nicht mein neuestes Buch. Das Geschichtenbuch ist eine Sammlung von älteren Büchern für die dritte Leseklasse aus der Reihe Lesedetektive von Duden, heute Fischer Verlage – Duden. Eine der Geschichten in diesem Sammelband, nämlich „Der Pokal ist weg!“, eine spannende Geschichte um ein Handballturnier und einen verschwundenen Pokal, ist von mir. Dieses Buch war immer ein sehr beliebtes Buch auf Lesungen in Grundschulen und ist deshalb vom Fischer Verlag mit in diesen Sammelband übernommen worden. Darüber freue ich mich natürlich sehr, denn es ist schon eine besondere Ehre, wenn ein Titel so beliebt ist, dass er noch einmal neu aufgelegt wird.

Ebenfalls letzten Monat ist dein Jugendbuch „Schwarz wie Schnee“ erschienen. Das ist ja ein kurioser Titel. Was steckt dahinter?

Schwarz-wie-schnee

„Schwarz wie Schnee“ ist ein Thriller für Jugendliche, der es wirklich in sich hat. Kira, 17, wacht eines Tages im Krankenhaus auf der Intensivstation auf. Sie weiß weder, wo sie sich befindet, noch wie sie dahin gekommen ist, sie weiß im Grunde gar nichts mehr, nicht einmal mehr ihren eigenen Namen. Sie kennt die Frau nicht, die jeden Tag an ihrem Bett sitzt und behauptet, ihre Mutter zu sein, sie kann sich an nichts aus der Zeit vor ihrem Unfall erinnern. Die Ärzte sagen ihr, dass sie nur ihr Gedächtnis verloren hat und Geduld haben muss. Aber spätestens als Kira aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen wird, ist sie sich sicher: Sie ist nicht die, für die alle sie halten. Sie scheint im völlig falschen Leben wach geworden zu sein. Und in diesem Leben wird sie von jemandem verfolgt. Aber es gibt niemanden, der ihr das glaubt. Bis sich die Ereignisse überschlagen …

Dein erster Roman „Holundermond wurde 2011 veröffentlicht. Um was geht es in diesem Buch.

Holundermond ist ein Abenteuerroman für Jugendliche und lesebegeisterte Kids. Die 12-jährige Nele begleitet ihren Vater (heimlich) auf eine Reise nach Wien, wo dieser als Kirchenhistoriker mithelfen soll, mysteriöse Diebstähle aus Wiener Kirchen aufzuklären. Dabei wird immer offensichtlicher, dass die Kartause Mauerbach, ein altes Kloster vor den Toren Wiens, in diesem Fall eine wichtige Rolle spielt. Kurz nach ihrer Ankunft in Wien verschwindet Neles Vater spurlos und Nele macht sich zusammen mit ihrem neuen Wiener Freund Flavio auf die Suche nach ihm. Dabei geraten die beiden immer tiefer in die dunklen Geheimnisse des alten Klosters, stehen plötzlich einem gefährlichen Gegner gegenüber und Nele ahnt bald, dass sie ihren Vater nicht nur an einem anderen Ort, sondern vor allem auch in einer anderen Zeit suchen muss. Aber dafür muss sie erst einmal die Tür finden, die alle Zeiten miteinander verbindet.

Bücher für männliche Jugendliche schreibst du unter einem Pseudonym. Warum? Glaubst du, dass sie Bücher von einer „Mädchenautorin“ nicht lesen würden?

Das Pseudonym war ein Wunsch meines Verlags, des Oetinger Verlags in Hamburg. Und tatsächlich wollte man gerne einen anderen Autorennamen, damit die Bücher in Buchhandlungen nicht neben den „Wilke“-Büchern stehen, denn damals habe ich u.a. auch noch für die Rebella-Reihe des Coppenrath Verlags geschrieben, das sind Liebesromane eher für die weibliche Zielgruppe.
Das männliche Pseudonym ist aber eher Zufall, das war nicht unbedingt geplant. Ich habe den Namen meiner verstorbenen Oma verwendet, und den hat man dann abgekürzt zu Alex Haas. Es handelt sich übrigens um ein sogenanntes offenes Pseudonym, ich muss mich also nicht hinter einer falschen Biografie verstecken oder auf Lesungen gar als Mann auftauchen. So weit wäre ich auch nicht gegangen, denn ich lese oft aus mehreren Büchern vor Schulklassen und gerade „Die inneren Werte von Tanjas BH“ ist der absolute Renner bei den Jungs und mein bisher erfolgreichster Roman.

Du hast Jura studiert und auch 12 Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet. Was hat dich dazu gebracht, diesen doch sicher gut bezahlten Job aufzugeben, um vom Schreiben zu leben?

Ich war unglücklich in diesem Beruf. Und ich habe es trotzdem viele Jahre versucht, darin Fuß zu fassen und eine Nische zu finden, in der ich zufrieden sein kann. Aber das ist mir nicht gelungen. Gar nicht. Da ich schon immer viel geschrieben habe, wurde der Drang, daraus mehr als nur ein Hobby zu machen, immer stärker. Dazu kam, dass ich ja so ganz nebenbei auch fünf Kinder bekommen habe. Und mit jedem Kind wurde der Spagat zwischen Kanzlei und Familie schwieriger. Die Entscheidung fiel dann gar nicht so schwer. Ich wollte Autorin sein. Unbedingt. Um das alles gerade am Anfang finanziell zu stemmen, habe ich einige Jahre lang sehr früh morgens, solange meine Kinder noch geschlafen haben, unsere örtliche Tageszeitung ausgetragen. Wenn die Kinder dann aus dem Haus unterwegs in Kiga oder Schule waren, hatte ich meinen „Brotjob“ schon erledigt und konnte mich ganz dem Schreiben widmen.

Neben der Veröffentlichung deiner zahlreichen Bücher gibst du auch Schreibkurse. Wer kommt zu deinen Kursen? Kinder und Jugendliche, die deine Bücher gelesen haben?

Die meisten Kurse werden von Schulen gebucht. Dann besuche ich ganze Schulklassen und zeige den Kindern und Jugendlichen, wie man spannende Geschichten schreibt, wie man Figuren entwickelt, wie man Handlungsorte findet und vieles mehr. Vor allem versuche ich, ihnen den Spaß am kreativen Umgang mit unserer Sprache zu vermitteln und es ist für mich immer die größte Belohnung, wenn auf einmal Jugendliche, die sonst stöhnen, wenn sie nur einen Stift in die Hand nehmen sollen, kichernd und lachend die witzigsten Geschichten oder gruselige spannende Texte schreiben. Denn schreiben macht Spaß, nur wird dieser Spaß in Schulen leider ganz oft nicht vermittelt.

Inzwischen haben sich die Erfolge in meinen Schreibkursen wohl ziemlich rumgesprochen, denn ich bin jetzt schon mehrfach auch zu Fortbildungsveranstaltungen für DeutschlehrerInnen eingeladen worden. Da packe ich dann meine Trickkiste aus und zeige ihnen, wie ich es schaffe, den Kindern und Jugendlichen die Angst vor dem leeren Blatt Papier zu nehmen.

Außerdem bist du in zahlreichen Schriftstellervereinigungen wie „Mörderische Schwestern“ oder „Syndikat“. Wie schaffst du das alles zeitlich?

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht in allen Netzwerken gleichermaßen aktiv bin. Trotzdem gehören diese Netzwerke für mich zum Beruf. Du darfst auch nicht vergessen, dass ich hauptberuflich Autorin bin, ihn also ganztags und in Vollzeit ausübe. Dieser Beruf beinhaltet ja nicht nur das Schreiben der Bücher. Zum Beruf gehören die Lesungen, die Schreibwerkstätten, die Fortbildung, das Pflegen meines Blogs und meiner Homepage, das Netzwerken, die Akquise neuer Kunden und noch einiges mehr. So gesehen hat sich zu meiner Selbstständigkeit als Anwältin gar nicht so viel geändert, außer dass ich die jetzigen Aufgaben im Gegensatz zu früher mit viel Liebe, Begeisterung und Herzblut erledige. Und das setzt natürlich auch zusätzliche Energien frei.

Lesungen für Kinder durchzuführen, ist sicher spannend und macht Spaß. Aber halten die wirklich 90 Minuten durch?

Ja. Das tun sie. Was aber sicher auch daran liegt, dass ich mich nicht vorne hinsetze und 90 Minuten lese. Ich gestalte meine Lesungen interaktiv, die Kinder können sehr viel mitmachen, manchmal „gründen“ wir in einer Lesung zusammen sogar einen Verlag und durchlaufen spielerisch alles Stationen eines Buches von der Idee im Kopf des Autors bis hin zum Regalplatz im Buchladen. Oder vier besuchen „virtuell“ eine Buchhandlung und lernen ganz viel über Covergestaltung, Klappentexte, Rückseitentexte, erste Sätze und noch einiges mehr. Die Zeit verfliegt meistens viel zu schnell und oft könnten wir noch stundenlang weitermachen.

Du liest auch im Rahmen des Friedrich-Bödeker-Kreises, der die Begegnung von Schülern mit Autoren fördert. Den kennt aber sicher nicht jeder. Was muss beispielsweise eine Schule machen, wenn sie davon profitieren und dich engagieren will?

Ganz ehrlich? Ich weiß gar nicht so ganz genau, was die Schulen machen müssen. Meines Wissens müssen sie sich einfach beim für sie zuständigen FBK melden (es gibt ja für jedes Bundesland eine eigene Abteilung) und eine Lesung mit mir beantragen. Alles andere, die Höhe der Zuschüsse etc. klärt dann der FBK mit den Schulen.
Ansonsten kann jeder, der mich für eine Lesung und/oder Schreibwerkstatt buchen will, sich einfach an meine wirklich tolle Leseagentur Heike Brillmann-Ede wenden (http://www.heike-brillmann-ede.de/) oder auch bei mir direkt anfragen.

Schreibst du schon an einem neuen Buch?

Ja. Viel kann und darf ich dazu noch nicht verraten, nur ein paar Eckdaten: Es wird ein Jugendroman, in dem es um eine ganz besondere Freundschaft zwischen drei sehr besonderen Jugendlichen geht, die jeder für sich unter ihrem „Anderssein“ leiden und sowohl miteinander als auch aneinander wachsen. Mehr dazu gibt es im Lauf der nächsten Monate aber sicher auf meinem Blog oder meiner Homepage.

Auf einen weiteren neuen Roman müssen meine Leser nicht mehr ganz so lange warten, mein aktuellster Jugendroman erscheint noch in diesem Sommer. Noch darf ich Titel und Cover nicht veröffentlichen, aber wer seine Augen offenhält, wird dieser Geschichte, die in schwindelerregenden Höhen in der Mainmetropole Frankfurt spielt, sicher schon bald überall im Netz begegnen. Es wird spannend … und sehr gefährlich!

Möchtest du den Leser*innen sonst noch etwas erzählen?

Ich möchte Euch vor allen Dingen danken. Danken dafür, dass Ihr Bücher lest. Denn ohne Euch LeserInnen gäbe es uns AutorInnen auch nicht mehr und ich könnte den besten Job der Welt nicht mehr ausüben.
Wer mehr über mich wissen möchte oder regelmäßiger informiert sein will, was ich so mache und was mich außer meinem Schreiben sonst noch umtreibt, der kann gerne meinen Blog (http://juttawilke.blogspot.com) besuchen oder mir auf Twitter (@JuttaWilke) und/oder Instagram folgen. Ich freu mich immer über Austausch und Feedback zu meinen Büchern und beantworte auch gerne Eure Fragen zu Eurem Schreiben oder Euren Ideen.

Vielen Dank für das Interview Jutta Wilke. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern.

Ich danke Dir, liebe Ann-Bettina, für diese tolle Möglichkeit, über mich und meine Bücher zu sprechen.