Aber das Buch ist doch lektoriert!

Als Buchbloggerin bekomme ich viele Rezensionsanfragen von Verlagen und Autoren. Nicht immer passen Genre oder Schreibstil zu mir. Aber das ist normal und soll heute nicht das Thema sein.

In diesem Beitrag geht es um die Rezensionsanfragen, die ich ablehne, weil:
• schon im Klappentext die deutsche Grammatik vergewaltigt wird
• sich auf den ersten drei Seiten der Leseprobe 10 Fehler finden
• der Leser auf den ersten Seiten mit Informationen zugeschmissen wird – sehr beliebt sind hier Namen
Die Autor*innen bekommen von mir dann eine Mail, in der ich die Absage entsprechend begründe.

Oft kommt dann eine empörte Mail zurück: „Aber das Buch ist doch lektoriert!“

Deshalb werde ich heute versuchen, mit zwei Missverständnissen aufzuräumen:
1) Lektorat vs. Korrektorat
2) das geht doch alles auch viel billiger.

Lektorat oder Korrektorat oder was?

Prinzipiell wird zwischen Lektorat und Korrektorat unterschieden.
Der Lektor kümmert sich um Inhalt und Aufbau des Buches.
Der Korrektor ist für Rechtschreibung, Grammatik und Kommasetzung zuständig.
Es gibt heute viele Lektoren, die beides anbieten, oft als Kombination. Ich mache das auch so.

Aber: Das kann so sein, muss aber nicht. Du musst dich also immer vorher genau erkundigen, was du unter dem Begriff „Lektorat“ wirklich einkaufst.

Natürlich solltest du dir vorher darüber Gedanken gemacht haben, was du brauchst und wann es gemacht werden soll. Es ist z. B. nicht sinnvoll erst ein Korrektorat und anschließend ein Lektorat zu buchen.

Das geht doch alles auch viel billiger

Im Internet gibt es Plattformen, auf denen du Aufträge zu einem bestimmten Preis einstellen oder die Auftragnehmer auf deine Anzeige bieten lassen kannst. Dort hast du auch die Möglichkeit, das Lektorat oder Korrektorat deines Buches einstellen.

Ich habe schon Auftragsangebote von 50 Euro für das Lektorat eines Romans mit 400 Seiten gesehen.

So verlockend dies vielleicht erst einmal klingt, schalte mal bitte für einen Moment den Geldsparmodus aus und dein Gehirn ein.

Nehmen wir mal an, dein Auftragnehmer würde sich mit dem gesetzlichen Mindestlohn begnügen. Der liegt zurzeit bei 8,84 Euro. Wenn du 50 Euro zahlen willst, hat der Auftragnehmer als ungefähr 5,5 Stunden Zeit für dein Buch. Was kann man in 5,5 Stunden mit einem 400-Seiten-Buch machen? Einmal querlesen? Mehr sicher nicht.

Also: So etwas ist Unsinn und rausgeschmissenes Geld.

9 Gedanken zu „Aber das Buch ist doch lektoriert!

  1. Rainer Andreas Seemann

    Das Problem ist doch, dass Selfpublisher heute keine Chance haben, ihre Bücher bekannt zu machen. Wie soll das auch gehen bei 80-oder 90.000 Neuerscheinungen im Jahr. Jeder Indie-Autor wird also das bisschen Geld, das er hat in Werbung stecken um dann 200 oder 300 Bücher zu verkaufen (wenn überhaupt!). Ein professionelles Lektorat ist daher für die meisten Neu-Autoren unbezahlbar.
    Eine große Hilfe ist es schon mal, die Rechtschreibkontrolle von Word einzuschalten. Die findet einen Großteil der Fehler. Einen Duden danebenlegen kann auch nicht schaden.

    Meist sind die Bücher, die von Rechtschreibe- und Grammatikfehlern wimmeln ohnehin grottenschlecht. Wer die Sprache, in der erschreibt, nicht beherrscht, sollte eben keine Bücher schreiben, sondern Papierblumen falten. Sorry! 🙂

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Die Konkurrenz durch die vielen Neuerscheinungen ist aber für Verlagautoren genau so groß 🙂 Die meisten kleinen Verlage haben gar nicht die finanziellen Mittel groß in Werbung für ihre Autoren zu investieren. Die großen Verlage konzentrieren sich auf ein paar Bestseller-Autoren. Der Vorteil liegt – neben dem schmückenden Tiele Verlagsautor 🙂 – darin, dass der Verlag für Lektorat und Korrektorat aufkommt. Bei kleinen Verlagen ist deren Qualität aber leider auch oft zweifelhaft.
      Was also bleibt einem Autor übrig? Die Rechtschreibprüfung des Schreibprogramms zu nutzen, ist auf jeden Fall schon einmal eine gute Idee. Von dubiosen Billigangeboten sollte er aber die Finger lassen. Dann ist das Geld wirklich besser in Werbung investiert. Nur leider bringt auch die beste Werbung nichts, wenn das Produkt nicht den Anforderungen der Kunden entspricht.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

  2. Julia

    Das unterschreibe ich vollumfänglich!!!

    Und auch wenn sich inzwischen in der Independent-Szene herumgesprochen hat, dass zumindest ein Korrektorat eigentlich unumgänglich ist, wenn ein Buch ernst genommen werden soll, ist die Fehlerquote für mich immer noch viel zu hoch, weswegen ich fast nur noch Verlagsbücher lese.

    Abgesehen davon: die Sprache ist das Werkzeug eines Autors und sollte deshalb nicht nur einigermassen, sondern ziemlich gut beherrscht werden. Wer in der Anfrage oder dem Klappentext schon gröbere Fehler macht, den kann ich als Autor einfach nicht ernst nehmen!

    LG, Julia

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Julia,
      leider gibt es immer noch Indie-Autoren, die nicht verstehen, dass eine Geschichte auch sprachlich richtig „verpackt“ sein muss 🙁
      Das sind zum Glück aber nicht mehr ganz so viele wie anfangs. Die meisten Autoren geben sich heute wirklich Mühe, ein gutes Buch abzuliefern. Ich habe schon zahlreiche sehr gute Bücher von Indie-Autoren gelesen.
      Daneben gibt es aber leider auch immer mehr Indie-Autoren, die auf dubiose Angebote reinfallen.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

  3. Luis steiner

    Ich habe mein erstes Buch von einem kleinen Verlag am Ammersee korrigieren und lektorieren lassen.
    Mit veröffentlichen und Cover habe ich ca. 2400 Euro hingeblättert.
    Das Buch habe ich vom Markt genommen, weil es schlampig, oder vermutlich gar nicht bearbeitet wurde.
    Nicht nur alleine der hohe Preis gibt eine Garantie auf Qualität
    Herzliche Grüße aus dem hohen norden

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo Luis Steiner,
      es stimmt natürlich, dass ein hoher Preis alleine noch keine Qualitätsgarantie ist. Das ist bei einem Lektorat/Korrektorat nicht anders als bei anderen Produkten. Deine Erfahrungen klingen nach Kostenzuschussverlag. Vor denen kann man gar nicht genug warnen. Bei der Suche nach einem Lektor oder Korrektor würde ich immer auf einer Probearbeit von ein paar Seiten bestehen. Das ist dann zwar auch noch keine Garantie dafür, dass der Rest genau so bearbeitet wird, aber es gibt wenigstens schon einmal einen Anhaltspunkt auf die Arbeitsweise.
      Viele Grüße aus Aachen
      Ann-Bettina

      • Julia

        Es hilft auch, eine Teilzahlung zu vereinbaren. Erste Hälfte zu Beginn, zweite Hälfte nach 2 Dritteln o.ä. So haben beide Seiten eine Kontrolle darüber, dass der Deal tatsächlich eingehalten wird.

        • Julia

          Abgesehen davon: in vielen Verlagen gibt auch der Autor sein OK, bevor das Buch in Druck geht. Erst wenn beide Seiten einverstanden sind, ist die Arbeit am Manuskript beendet. So sind am Ende auch beide Seiten zufrieden mit dem Ergebnis. Das bedingt allerdings, dass der Autor mitarbeiten sollte, statt einfach aufs fertige Produkt zu warten.

        • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

          Hallo Julia,
          so ähnlich mache ich das auch: ein Drittel vor Beginn, ein Drittel nach Ende der ersten Bearbeitung durch mich, der Rest am Ende.
          Viele Grüße
          Ann-Bettina

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