Eine lebenslange Freundschaft beginnt
Eine weitere Story aus der Reihe ‚Geschichten, die das (Reiter-) Leben schrieb‘ 🙂
Autorin: Ann-Bettina Schmitz Email: info@abs-textandmore.de
Für das kommende Wochenende ist ein Ausritt mit Schulpferden angesagt und ich habe mir auch direkt ein Pferd reserviert. Aber, wie der Teufel es will, am Mittwoch vor dem Ausritt verletzt sich die Stute. An Ausreiten mit ihr ist nicht zu denken. Mist!
Alle anderen Pferde sind natürlich längst vergeben. Alle? Na ja, bis auf Sarah, eine schicke, kleine, braune Stute, die ich in der Halle ausgesprochen gerne reite. Aber was Ausreiten angeht, hat sie einen fürchterlichen Ruf. ‚Andererseits, nach allem was mein früheres Pferd Sandor draußen mit mir angestellt hat, viel schlimmer kann Sarah ja eigentlich auch nicht sein.‘
Also frag ich bei der Reitlehrerin mal ganz vorsichtig nach, ob ich nicht vielleicht doch Sarah… ‚Na ja‘, meint sie, ‚du weißt ja wie die draußen ist. Wenn du dir das wirklich zutraust, Das mußt du selber wissen.‘ Ich hole tief Luft und sage ‚JA‘. Vorsichtshalber leihe ich mir aber doch eine Springkandarre aus.:-)
Dann ist Sonntag und es geht los. Ein bisschen nervös bin ich ja schon, bin auch noch nie mit Springkandarre geritten, abgesehen von den 10 Minuten Üben eben in der Halle. Wir reiten erst mal eine ganze Weile über Feldwege, viele der Pferde tänzeln nervös herum, springen vor Fliegen weg oder versuchen sich gegenseitig wegzudrängeln. Nur Sarah nicht. Die läuft am langen Zügel ganz friedlich und gelassen mit mir durch die Gegend und scheint den Ausritt genauso zu genießen wie ich.
Jetzt kommt die erste Trabstrecke. Da wird Sarah ganz schön flott, würde gerne nach vorne stürmen, aber ich bekomme sie noch recht gut gehalten. Und weiter geht’s durch den Aachener Wald. Tolle Galoppstrecken! Fast alle haben Probleme mit ihren Pferden: da hopst einer in die Büsche, hier will einer überholen, da buckelt oder stolpert ein Pferd. Nur ich nicht! 🙂 Sarah ist zwar schnell, mag sich auch nicht überholen lassen, aber lässt sich auch nicht von der Unruhe der anderen Pferde anstecken und ist extrem trittsicher.
‚Ich liebe dieses Pferd. Wieso hat die eigentlich so einen schlechten Ruf ? Ein besseres Pferd gibt’s doch gar nicht.‘
Dann ist Rast. Wir steigen ab, lassen die Pferde an der Hand grasen und trinken selber was. Auf einmal höre ich ein Knacken, Sarah springt zur Seite, meine Cola landet fast auf der Wiese. ‚Was war das ? Oh nein! :-(( Ich habe das Martingal nicht richtig hochgebunden und nun ist Sarah drauf getreten. Die Ringe sind ab, das Martingal ist hin.‘ Jetzt wird’s mir aber doch was mulmig. ‚Ohne Martingal zurückreiten? Ich hab noch nie ein Pferd ohne Martingal geritten. Aber was hilft’s ? Zurück müssen wir ja schließlich.‘
Zuerst läuft auch alles ganz prima. Dann kommt wieder eine Galoppstrecke.Unser Führer ruft: ‚Angaloppieren‘. Da schreit jemand von hinten: ‚Nein, warte!‘ Also durchparieren. Das passt Sarah aber gar nicht in den Kram. Sie beginnt zu tänzeln. Das Problem hinten in der Gruppe ist gelöst, es heißt wieder ‚Angaloppieren‘. Wir sind gerade im ersten Galoppsprung, da schreit’s wieder von hinten: ‚Hilfe, Halt!‘ Ein Pferd ist in die Büsche gesprungen. Jetzt wird es Sarah aber zu bunt. Sie steht auf den Hinterbeinen und dreht Pirouetten. Alles schreit. Nach vorne können wir nicht weg, da sind Pferde. Hinter uns drängeln die anderen. Also ruf ich dem Führer zu: ‚Galoppier endlich los.! Ich komme schon nach.‘ Zum Glück galoppiert er wirklich los, die anderen Pferde hinter ihm her, und ich hab endlich Platz Sarah nach vorne gehen zu lassen.
Schon ist alles wieder in Ordnung. Mein ‚Wildpferd‘ hat sich beruhigt und galoppiert, wenn auch sehr schnell, ganz zivilisiert mit den anderen mit.
Und weiter geht’s. Zur Abwechslung mal im Trab. Hm, na ja, fast. Alle traben, außer Sarah. 🙂 Die galoppiert. Ich kann machen was ich will, traben mag sie nicht mehr. Also galoppieren wir im Wald im versammelten Galopp hinter dem trabenden Anführer her. Da soll noch mal jemand sagen, versammelter Galopp wäre schwierig.:-))
Nach diesem Ausritt habe ich Sarah gekauft und das nie bereut. Meine ‚Kleine‘ hat zwar ihre Macken, bringt mich auch schon mal in die unmöglichsten Situationen, ist aber sonst topfit, willig und zuverlässig. Das ideale Pferd eben:-))) und ein Freund für’s Leben!
Erstveröffentlichung im ABS-PferdeNetz, 1999
©2013, Ann-Bettina Schmitz, ABS-TextandMore
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