Autoreninterview mit Levend Seyhan

Ich freue mich heute Levend Seyhan zum Autoreninterview in der ABS-Lese-Ecke begrüßen zu können. Er schreibt Prosa, Gedichte und Drehbücher und arbeitet im Buchhandel. Sein Debütroman „Torben stirbt im Wohnzimmer“ ist im Juli 2013 im Größenwahn-Verlag erschienen.

Guten Tag, Herr Seyhan.

Guten Tag!

Sie haben ja in Ihrem Leben schon so einiges gemacht: verschiedene Fächer an mehreren Orten studiert, sich als Drehbuchschreiber versucht, in der Filmproduktion gearbeitet, sich im Buchhandel betätigt und natürlich geschrieben. 🙂 Also gehören Sie wahrscheinlich nicht zu den Leuten, die schon immer Schriftsteller werden wollten oder ?
Ich habe mich selbst schon immer als Künstler gesehen. Es fing mit meinem Interesse für das Drehbuchschreiben an und meiner Vorstellung, das Selbstverfasste auch zu verfilmen. Aber mein Drang reichte häufig darüber hinaus. Heute schreibe ich prosaisch in einigen Formen, dichte, verstehe mich im Drehbuchschreiben und wenn ich auch mal zu mehr Ruhe finde, zeichne ich. Ganz gleich, was mich noch alles interessiert (und dies ist so vieles mehr noch), war es doch immer das Schreiben, worin ich stets meine Stärke gesehen habe und was ich nun endlich auch entfalte. Aber auf den Schriftsteller wollte ich tatsächlich bewusst nie hinaus, der war mir nie konkret vor Augen, aber irgendwie lag es in der Luft. Ich schreibe unheimlich gerne.

Können sie uns kurz etwas über Ihren Debütroman „Torben stirbt im Wohnzimmer“ erzählen?
Es ist die Geschichte zweier bester Freunde, die nach Rückkehr Torbens von einer langen Reise wieder zueinander finden. Beide sind auf der Suche nach ihrer Identität, suchen jeder auf seine Weise der Einsamkeit zu entrinnen, Torben sehr spontan und lebhaft, Kaan dagegen träge und in sich gekehrt. Ein Roadtrip abwechselnd durch die Vergangenheit und Gegenwart. Man bekommt aber auch einen Einblick in die Kreativität und Verspieltheit der beiden, in Stichworten: Märchen, Tennis, Literatur und Film etc. Auf Amazon oder meiner Seite levendseyhan.de findet man eine schönere Beschreibung.

Wie sind Sie zu der Idee für diesen Roman gekommen?
Die Idee ist eine Mischung aus Lebenserfahrung, Liebe und Drang zum Schreiben, Fantasie und einer Vielzahl glücklicher Eingebungen. Letzteres bedeutet, dass die Idee sich erst im langen Prozess des Schreibens, der viele Überarbeitungen beinhaltet, entfaltet, bis man merkt: Das ist es, was ich zeigen und mitteilen möchte.

Eine der Hauptfiguren dieses Romans ist ein türkischstämmiger Deutscher. Ist da viel autobiografisches drin?
Ja. Ich will mit dieser Figur vor allem zeigen, wie es ist, zwischen Völkern und Kulturen zu existieren in einer Welt, wo manchmal leider nur eine zu einseitige Anschauung die Menschen dominiert. Dabei sollte Zentrum jeder Anschauung folgender Begriff sein: Mensch. Aber auch der wird nicht zu selten eigenwillig definiert.

In Frankfurt leiten Sie das Projekt „JugendLiteraturPreis. Dieses Projekt findet viel Anklang und wird auch von mehreren Firmen unterstützt. Wie sind Sie dazu gekommen?
Mich persönlich stimmt es äußerst glücklich, Kinder und Jugendliche dabei zu erleben, wie sie sich entfalten. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, Wege aufzeigen und Möglichkeiten eröffnen. In Form des JuLiP ist es uns recht gut gelungen.

Was ist die Zielsetzung dieses Preises? Wie kommen sie an die Teilnehmer?
Die Zielsetzung des Preises ist es, Kinder und Jugendliche zur Kunst oder wie in diesem Fall zur Literatur zu führen. Dabei sollen sie Literatur nicht wie allgemein vermittelt als etwas Langweiliges begreifen, als dumme Schulpflicht, sondern sie sollen verstehen, dass Sprache und Ausdruck wichtig sind und es so viel einfacher ist, mit ihr umzugehen. Sie sollen die Ehrfurcht ablegen, ein wenig Selbstvertrauen gewinnen und Literatur, große Literatur, als etwas begreifen, das nichts anderes ist als pure Emotion. Und mit dem Preis haben wir durchaus erreicht, dass sie das tun. Nominiert waren auch Kinder, die mit dem Schreiben zuvor nichts zu tun hatten, die aber durch ihre Geschichten so authentisch wirkten, dass sie nominiert wurden. Kinder haben etwas mitzuteilen und ich wünsche, ihnen mit JuLiP eine Plattform zu bieten und dass sie diese und andere Plattformen in der Kunst zu nutzen lernen. Also weg von Dummheiten, hin zur Kunst. Dabei suchen wir Kontakt zu Schulen, sowohl direkt als auch über Freunde und Bekannte. Die Hilfe und die Aufmerksamkeit wie Unterstützung von allen Seiten sind enorm.

Da Sie sich ja mit Jugend und Literatur beschäftigen, liegt es nahe zu fragen: „Welchen Rat geben Sie jungen Schriftstellern oder solchen, die es werden wollen?“
Klassiker lesen, hierdurch Techniken lernen und sich über Geschichten, am Besten Kurz- und Kürzestgeschichten probieren. Das hilft, zu erkennen, wie sich die eigene Sprache verändert. Man lernt unter Umständen, sich zunehmend zu fordern, ohne sich dabei zu überfordern. Wobei Letzteres nicht verkehrt sein kann, denn aus Fehlern lernt man ja bekanntlich, es darf nur nicht soweit führen, dass man ans Aufgeben denkt.

Haben Sie bei diesen ganzen Aktivitäten überhaupt noch Zeit selber zu lesen? Wenn ja, was lesen Sie am liebsten?
Momentan lese ich drei Bücher, eines zu Recherchezwecken für meinen nächsten Roman, weshalb ich an den beiden anderen schon seit Monaten sitze und gelegentlich auf Zugfahrten weiterlese. Deshalb komme ich leider nur wenig zum Lesen. Wenn ich aber lese, dann am liebsten Klassiker, wobei ich auch schon mal vereinzelt gegenwärtige Romane und Sachbücher einstreue.

Arbeiten Sie schon an einem weiteren Buch? Wenn ja, was wird es werden?
Wie schon erwähnt, recherchiere ich bereits für den nächsten Roman. Es wird auch wieder ein gesellschaftskritischer Roman werden, in der ich eine afrikanische, eine japanische und eine deutsch-türkische Geschichte miteinander verweben werde. Noch sitze ich am Konzept, am Feinschliff sozusagen.

Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Seyhan. Und weiterhin viel Erfolg als Autor.

3 Gedanken zu „Autoreninterview mit Levend Seyhan

  1. Levend

    Hallo Zusammen,

    unter Klassikern sind Werke wie jene von Hemingsway, Hesse, Zweig, Wilde etc. zu verstehen. Hierbei will ich keinesfalls anspruchsvolle Gegenwartsliteratur wie die von Coetzee, Pamuk oder Hosseini (nur um wenige Beispiele zu nennen) nicht ausschließen. Insofern schließe ich mich Ann-Bettina Schmitz an. Gegenwärtige Literatur rein unterhaltender wie etwa die Harry Potter- und Twilight-Serien gehören selbstredend nicht hierher, auch wenn diese für viele schön zu lesen sind. Es kommt halt immer auf den literarischen Anspruch eines Autors an, auf das Genre. Für die Arbeit an meinem Roman waren die besagten Klassiker eben meine Lerngrundlage, um meinen Anspruch bestmöglich zur Entfaltung zu bringen. Ich hoffe, das ist mir gelungen. 🙂

    Viele Grüße
    Levend

  2. neueinfo

    Hallo,

    wir hätten da an Herrn Seyhan eine direkte Frage gehabt. Da er aber vermutlich nicht zum Antworten kommt, geht diese Frage an alle Leser hier raus 😉

    Es wird von den „Klassikern“ gesprochen, doch welche Klassiker sind denn gemeint? Etwa die, die wir auch bei uns in einem Artikel als Infografik genannt haben (Die 10 meistgelesenen Bücher der Welt http://www.neueinfo.de/freizeit-und-hobby/buecher/bestseller-buecher-welches-buch-konnt-ihr-empfehlen) oder sind es die Klassiker, die von Buchkritikern hoch gelobt werden?

    Ansonsten ein schönes und ausführliches Interview.
    Weiter so!

    Viele Grüße
    Das neueinfo.de Team

    • Ann-Bettina Schmitz Autor des Beitrags

      Hallo liebes neueinfo-Team,
      was Levend Seyhan genau unter Klassikern versteht, weiß ich natürlich auch nicht. Aber wahrscheinlich nicht eure Liste der meistgelesenen Bücher, da dort auch „Harry Potter“ und die „Twilight Saga“ auftauchen. Die kann man wohl kaum als Klassiker bezeichnen 🙂 Ich persönlich würde neben Goethe, Schiller, Dostojweski, Tolstoi, Shaw, Wilde, usw. auch z. B. Böll und Dürrenmatt darunter verstehen. Aber das ist sicher Ansichtssache.
      Viele Grüße
      Ann-Bettina

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