Mein heutiger Interview-Gast ist eigentlich Krimiautor. Ich habe ihn aber über seine Kurzgeschichten-Sammlung »Hurenballade« kennengelernt.
Guten Tag Roland Krause.
Ja, hallo Ann-Bettina.
Wie kommt ein Krimiautor dazu, nicht-kriminalistische Kurzgeschichten wie »Hurenballade« zu schreiben?
Tja, eigentlich verstehe ich mich nicht als klassischen Krimiautoren. Es gibt viele unterschiedliche Themen und Genres, mit denen ich mich beschäftige. Und Shortstories habe ich schon immer liebend gern geschrieben. Die, welche es schließlich ins neue Buch geschafft haben, liegen mir richtig am Herzen.
„Hurenballade“ ist also bestimmt kein Nebenprodukt eines Krimischreibers, ich bin sehr glücklich darüber, dass durch den Balaena Verlag diese dreizehn Geschichten zwischen zwei Buchdeckeln zu finden sind.
Wo nimmst du die Ideen für deine Geschichten her? Hast du da eine besondere Kreativ-Technik entwickelt?
Ich könnte jetzt sagen, die Ideen fliegen mir zu und irgendwie stimmt das sogar. Das kann ganz unvermittelt sein, dass sich ein Gedanke ins Hirn setzt, der brauchbar ist.
Ob angelesen, gehört, beobachtet, selbst erlebt oder aus der Fantasie geschöpft – es ist wohl bei mir ein ziemlich verwilderter Garten, in dem meine Geschichten wachsen.
Nein, Technik steckt da keine dahinter.
Wie bist du auf den Titel »Hurenballade« gekommen?
Eine der Geschichten im Buch ist titelgebend.
Dazu kommt, dass ich François Villons Texte mag.
Man kann sagen, der Titel ist auch eine Reminiszenz an ihn.
Seine Balladen haben sich ja um die Existenz der Außenseiter, armen Schlucker, Kriminellen, Huren und Überlebenskünstler gedreht – und er selbst ist dem Galgen auch nur knapp entronnen.
Das hat mich immer fasziniert. Mir geht es in meinen Erzählungen auch nie um das Treiben der sogenannten Privilegierten – es steckt eine Menge Kraft, Spannung und Lebendigkeit im alltäglichen Dasein „einfacher Leute“.
Deine bisher erschienenen drei Krimis drehen sich alle um den Kommissar Sandner. Was ist das Besondere an ihm?
Zuerst einmal ist er menschlich. Er hat eine Menge Lebenserfahrung, und sein Weg war nicht immer gerade. Damit hat er viel Verständnis für kleine und größere Schwächen seiner Mitmenschen – natürlich auch für seine eigenen. Impulskontrolle ist nicht so seins. Letztendlich entscheidet er einiges „aus dem Bauch heraus“, und seine Methoden sind nicht immer lehrbuchhaft. Aber für sein Team würde er durchs Feuer gehen.
Ein gestandenes Mannsbild würde man in Bayern sagen, der sich auch den einen oder anderen Gedanken über das Leben macht. Und obwohl oder gerade weil er ab und an misanthropisch erscheint, hat er eine gewisse Anziehungskraft aufs andere Geschlecht.
Ansonsten spielt er den Blues auf der Gitarre und hat einen Dönerbudenbesitzer und einen Kleinkriminellen zum Freund, was mitunter hilfreich sein kann.
Ich habe in den zweiten Krimi »Fuchsteufelswild« reingelesen. Für mich klingt die Sprache ausgesprochen ungewohnt, sehr bayrisch. Liest das jemand außerhalb Bayerns?
Na, klar! Ich hatte zum Beispiel schon Lesungen in der Schweiz, in Mannheim oder im Sauerland. Und alle haben die Texte bestens verstanden und sich amüsiert.
Natürlich ist es für dialektfremde Menschen vielleicht manchmal ungewohnt – aber nur „gewohnt“ zu schreiben, ist nicht meins.
Die Krimis leben auch davon, dass die Protagonisten möglichst authentisch rüberkommen – sie reden halt, wie sie reden. So kommt man ihnen nah.
Die einen finden das fantastisch, vereinzelt rümpft jemand halt die Nase. Aber das passt so. Heiß oder kalt, Hund oder Katz. Das ist mir lieber, als wenn alle im Chor singen würden, Krauses Bücher seien ja „ganz nett.“
Die Stories in „Hurenballade“ sind ja dafür weitestgehend hochdeutsch, aber der „Krause-Stil“, ist erkennbar geblieben, wie ich hoffe.
Du lebst und arbeitest in München. Bist du gebürtiger Bayer?
Geografisch betrachtet – ja.
Falls deine Frage aber auf das Folklore-Klischee abzielt, das die „Auswärtigen“ so gern den Bayern anhexen – da passe ich sicher nicht ins Bild.
Ich trink auch lieber Rotwein als Weißbier.
Aufgewachsen bin ich übrigens im bayrischen Lindau am Bodensee.
Geschichten von dir kann man auch in einer Reihe von Anthologien lesen. Wie lange schreibst du schon?
Seit ich die Buchstaben gelernt hab.
Mein Aha-Erlebnis war, als ich in der Grundschule „Die Geschichte vom Gespensterschiff“ von Wilhelm Hauff lesen durfte. Seitdem wollte ich unbedingt coole, aufregende Abenteuer erzählen.
Und dieser Wunsch hat sich wohl bis jetzt gehalten.
Hast du das Bücherschreiben durch Kurse oder Ähnliches gelernt oder bist du Autodidakt?
Na ja, das klingt zwar jetzt arg pathetisch, aber ich denk mal, kein Kurs kann dir das Leben nahebringen.
Ich glaube, Schreibschulen und ähnliches können viele Fragen nach dem „Wie“ beantworten, aber die nach dem „Was“ bleibt offen.
Raus ins Leben und erleben gehen, beobachten, aufspüren und mittendrin stecken, das scheint ergiebiger zu sein, zumindest war das mein Weg.
Darüber hinaus habe ich seit meiner Kindheit alles gelesen, was mir in die Finger kam, und natürlich jede Menge Gutes und auch Grauenhaftes an Texten fabriziert.
Aber ja, after all, kannst du mich gerne Autodidakt nennen.
Du bist Mitglied im Syndikat. Erzähl uns doch etwas darüber.
Das Syndikat ist eine Vereinigung von Menschen mit kriminellem Gedankengut – also Krimiautoren.
Es geht um Austausch unter den Autoren, gemeinsame Veranstaltungen und Lesungen, wie die jährlich an wechselnden Orten stattfindende Kriminale oder den Krimitag, und letztendlich ist es eine gute Möglichkeit für Krimischreiber, mit Gleichgesinnten Kontakte zu pflegen, ein Gläschen zu trinken oder sich zu informieren.
Schreibst du schon an einem neuen Buch?
Im Herbst wird von mir ein Jugendbuch mit Fantasyelementen erscheinen.
Daneben arbeite ich gerade an einem neuen Buchskript – aber mehr möchte ich noch nicht kundtun.
Möchtest du uns sonst noch etwas erzählen?
Ich denke, ich habe schon eine Menge erzählt – alles, was ich noch sagen könnte, steckt in meinen Geschichten.
Vielen Dank für das Interview, Roland Krause. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern.
Ich habe dir zu danken, Ann-Bettina.
Ich wünsche allen allzeit gutes Lesefutter.