Interview mit der Autorin Hilke Sellnick

Foto der Autorin Hilke Sellnick

Auf meinen heutigen Interview-Gast bin ich durch ihr Buch „Tote kriegen keinen Sonnenbrand“ aufmerksam geworden.

Guten Tag Hilke Sellnick.

„Tote kriegen keinen Sonnenbrand“ ist der erste Band einer Krimi-Reihe um die Pianistin Henriette von Kerchenstein. Das ist ein heftiger Unterschied zu den „Wikinger-Büchern“, die du vorher unter deinem Namen veröffentlicht hast. Wurden dir die Wikinger zu langweilig?

Cover des Krimis "Tote kriegen keinen Sonnenbrand"

Insgesamt habe ich drei Wikinger-Romane geschrieben, danach warteten neue Aufgaben auf mich. Ich schrieb für den Verlag Blanvalet zwei Historische Romane, die im Mittelalter spielen, danach drei Afrika-Romane und wechselte dann ins 20. Jahrhundert.

Ich habe mich immer sehr für Geschichte interessiert, die Recherchen zu jedem dieser Romane waren spannend, oft musste ich mir selbst energisch Einhalt gebieten, um nicht endlos weiter zu suchen, sondern mit dem Schreiben meines Buches zu beginnen.

Der Krimi ist eine besondere Herausforderung, die mich natürlich gereizt hat. Es gibt viele Möglichkeiten, einen Kriminalroman zu verfassen – ich habe mich für eine heitere Variante entschieden, die durchaus gruselige und spannende Elemente enthält. Ich mag diese Mischung sehr.
In ›Tote kriegen keinen Sonnenbrand‹ geht es um eine charmante alte Villa in der Toskana, um einen egomanischen Gesangspädagogen, um einen romantischen Abend mit viel Rotwein, um eine verschwundene Leiche und einen verlorenen Sänger, der über eine »Jahrhundertstimme« verfügt.

In dem Buch dreht sich alles um klassische Musik. Hast du selber einen Bezug zu dieser Art Musik? Spielst du ein Instrument oder singst du selber?

Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen, sie hat mich sehr geprägt. Mein Bruder studierte Musik und musste am Abend oft Klavier üben. Ich lag im Nebenzimmer und liebte es, von Schumann, Schubert, Brahms und Bach in den Schlaf gewiegt zu werden. Später hatte ich selbst Klavierunterricht, lernte ein wenig Geige und spielte Trompete. Auch meine Stimme ließ ich ausbilden, zweimal nahm ich an einem Ferienkurs meiner Gesangslehrerin in der Toskana teil. Das waren wundervolle Tage voller Musik und Theater, Abende bei Rotwein und sirrenden Zikaden, Glühwürmchen, die durch die Büsche tanzten und dazu die traumhaft schöne Hügellandschaft, von der heißen Sonne beschienen. Natürlich sind diese Erinnerungen in den ersten Band meiner Henni-Geschichten eingeflossen.

In den vergangenen Jahren hast du unter mehreren Pseudonymen Romane veröffentlicht. Warum die ganzen Pseudonyme?

Eine Frage, die eigentlich an die Verlage gestellt werden sollte. Ich selbst hätte keine Probleme, alle meine Bücher unter meinem bürgerlichen Namen Hilke Sellnick zu veröffentlichen. Verlage sehen das anders, es gibt dafür verschiedene Gründe, die mit dem Marketing zu tun haben und die auch für uns Autoren nicht von der Hand zu weisen sind.

Du kommst ja aus einer Künstlerfamilie, deine Eltern waren Schauspieler, dein Vater außerdem Autor und Dramaturg. Du hast aber erst mal ganz „bürgerlich“ auf Lehramt studiert. Nach dem Motto: „Bloß nicht so werden wie die Eltern“?

Anders herum. Meine Eltern hatten große Sorge, dass ich als „Künstlerin“ nicht in der Lage sein würde, meinen Lebensunterhalt zu verdienen, daher drängten sie mich, einen „anständigen Beruf“ zu erlernen. Das Lehrerstudium faszinierte mich hauptsächlich deshalb, weil es sehr viel um Literatur ging, ich wählte die Fächer Französisch und Russisch und schrieb meine Staatsexamensarbeit über Anton Cechov und Guy de Maupassant.

Schließlich bist du doch noch eine recht erfolgreiche Autorin geworden. Wie kam es zu diesem Wandel?

Das war ein langer, verschlungener Weg. Zunächst wollte ich unbedingt Opernsängerin werden, was jedoch mangels einer großen Opernstimme wenige Aussichten hatte. Also studierte ich Russisch und Französisch fürs Lehramt an Gymnasien, schloss die Ausbildung mit dem Referendariat an der Schule ab und stand dann auf der Straße, da in Hessen keine Lehrer mehr eingestellt wurden. Ich blieb erst einmal zu Hause und kümmerte mich um meine beiden Kinder, das füllte mich aber keineswegs aus und so begann ich in einem Buchladen zu arbeiten und zu schreiben. Zunächst nur für die Schublade, dann fand ich eine Autorengruppe, in der man sich die Texte gegenseitig vorlas, einander ermutigte und nach Möglichkeiten einer Veröffentlichung suchte …

Wenn ich das richtig sehe, hast du mittlerweile in fast jeden Genre etwas veröffentlicht. Brauchst du die Abwechslung oder suchst du noch das Richtige?

Ich habe diesen Beruf als Autodidaktin erlernt, mich in verschiedenen Genres versucht und von Text zu Text weiterentwickelt. Kurzgeschichten für verschiedene Zeitschriften, Heftromane, erotische Romane, Theaterstücke, Drehbücher, historische Romane, Kriminalroman – alle diese Genres haben mich interessiert und ich habe sie mit meinen Ideen und Erfindungen gefüllt. Und natürlich musste ich darauf sehen, dass ich finanziell dabei einigermaßen über die Runden kam. Dass dann eines Tages der große Erfolg kam, hat mich selbst überrascht, weil ich nie explizit darauf hingeschrieben habe. Es ist das Schreiben an sich, der kreative Akt, der mich immer wieder fasziniert und vorantreibt.

Was liest du denn selber gerne?

Querbeet. Momentan „Der Zopf“ von Laetitia Comombani. Im Stapel warten Autoren wie Matt Heig, Richard Ford, Jens Sparschuh oder Ulrike Schweikert darauf, dass sie an die Reihe kommen.

Schreibst du schon an einem neuen Buch?

Zum Glück bin ich mit Buchverträgen gut versorgt. Der zweite Band meiner Henni-Krimis, die im Penguin Verlag erscheinen, ist bereits geschrieben, momentan beende ich einen Roman für den Verlag Blanvalet und werde mich dann dem dritten Band der Trilogie „Café Engel“ zuwenden, die ich für Lübbe schreibe. Aber natürlich schwirrt schon eine weitere Henni-Geschichte in meinem Kopf herum, die ich wahnsinnig gern zu Papier (bzw. in den Computer) bringen würde.

Was möchtest du den Leser*innen sonst noch erzählen?

Halten Sie an Ihren Träumen fest. Nichts ist im Leben wichtiger als unsere Hoffnungen und Wünsche und der Glaube daran, dass sie eines Tages in irgendeiner Form eintreffen werden. Und lassen Sie sich auf die große, wundervolle Welt der Phantasie ein, die in Büchern eingefangen ist.

Vielen Dank für das Interview, Hilke Sellnick. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg als Autorin.